Eine der Laptopklassen in der Business Academy Donaustadt – hier findet der Unterricht komplett digital statt. Aber auch in den regulären Klassen ermutigt man Schüler, sich die Lehrinhalte via Cloud anzusehen und Hausübungen digital abzugeben. Falls sich jemand keinen Laptop leisten kann und daheim keinen PC zur Verfügung hat, gibt es Geräte zum ausborgen.

Foto: Grayling

Die Welt scheint "durchdigitalisiert", aber die Ausbildung ist es nicht – zumindest suggerieren das die Ergebnisse einer Studie des Instituts für Jugendkulturforschung im Auftrag der Arbeiterkammer. Nur die Hälfte der Wiener Lehrlinge arbeitet demnach in den Ausbildungsbetrieben mit Computer und Internet. In Schultypen, die nicht mit Matura abschließen, arbeiten nur 60 Prozent mit digitalen Hilfsmitteln, in maturaführenden Schulen sind es immerhin 80 Prozent.

Befragt wurden 500 Wiener Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren. 96 Prozent von ihnen besitzen ein Smartphone, zwei Drittel auch einen Laptop. Die IT-Ausstattung der Schulen wird hingegen als altmodisch kritisiert.

Digital Divide

Für Hausübungen oder zur Recherche wird das Internet gerne genutzt. Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen den Schultypen: Während in maturaführenden Schulen 40 Prozent der Jugendlichen Internetrecherchen für ihre Hausübungen nutzen, sind es in nichtmaturaführenden Schulen nur 15 Prozent. Die Arbeiterkammer verortet einen "Digital Divide". Dieser verlaufe vor allem entlang der Grenzen sozialer Ungleichheit. Jugendliche mit niedriger formaler Bildung bekämen nicht genug digitale Kompetenzen vermittelt, um digitale Medien zum Erreichen persönlicher Ziele zu verwenden, in sozialen Netzwerken ihren Standpunkt zu artikulieren oder digitale Medien für die Schule zu benutzen.

Bittere Ergebnisse, wenn man daran denkt, dass viele in Industrie und Wirtschaft Fachkräfte für die digitalen Herausforderungen der Zukunft suchen. Natürlich heißt nicht, dass, wenn ein Laptop zur Verfügung steht, man auch lernt oder weiß, wie ein Programm oder die Cloud funktioniert, welche Codes und Ideen hinter Anwendungen stecken. Eine gute Ausstattung ist aber ein Anfang.

Die Klasse in der Cloud

Diese gibt es beispielsweise in der Business Academy Donaustadt. Seit 2002 gibt es bereits Notebook-Klassen. Seither wurden immer mehr Geräte angeschafft, EDV-Säle modernisiert und an verbessertem W-LAN gearbeitet. Beim Thema E-Learning arbeitet man seit einigen Monaten mit Microsoft zusammen: "Mittels der digitalen Unterrichtsmittel können wir den Unterricht interaktiver gestalten und neue Lernszenarien und Unterrichtsformen umsetzen", sagt Martin Satzl, Lehrer für Officemanagement und angewandte Informatik, Sport und Netzwerkbetreuer an der Business Academy Donaustadt.

Ein Beispiel dafür ist die Anwendung Microsoft Classroom: Über die Website können Lehrer ihre schon bestehenden Unterrichtsmaterialien mit neuen Inhalten aus Word, Excel oder Powerpoint schnell und einfach zusammenzuführen. Das Klassenbuch ist digital – das bedeutet auch, dass Schülerinnen und Schüler ihre auf dem Laptop erstellten Notizen einfach mit Mitschülern oder den Lehrern teilen können. Ein anderes Tool digitalisiert handschriftliche Mitschriften.

Keine Ausreden mehr

Die meisten Lehrer seien von den neuen Möglichkeiten begeistert gewesen, sagt Satzl. Natürlich gelte das nicht für alle. Eine Deutschlehrerin, die gerade Aufsätze auf einem Tablet korrigiert, erzählt von den Vorteilen: "Es gibt jetzt keine Ausreden mehr à la 'Ich habe die Angabe verloren oder die Aufgabe nicht gefunden'. Durch ein paar Klicks sind alle im virtuellen Klassenzimmer – und ich sehe sogar, wer wann und wie viel gearbeitet hat. Das ist sehr interessant."Für all jene, die sich kein Notebook leisten können und keinen PC zu Hause haben, stellt die Schule Geräte zum Ausborgen zur Verfügung. Etwa 30 solcher Geräte gibt es.

Sind manche Seiten – etwa Facebook – gesperrt? "Nein, alles offen", sagt Satzl. Mit Verboten wolle man den Jugendlichen nicht entgegentreten. Auf die Frage, ob im Hintergrund ein paar private Seiten offen sind, lachen die Schülerinnen und Schüler beim Besuch nur. "Kein Kommentar", scherzt einer von ihnen. Kein Problem bezüglich der Aufmerksamkeit? "Nein", sagt Satzl. "Und wenn es eins gibt, dann muss man eben klar sagen `Leute. Jetzt herhören' – das ist ja nicht so schwer."

Zu wenig EDV-Unterricht

Viele der Initiativen an dieser Handelsakademie haben mit dem Engagement von Satzl zu tun. Bevor er Lehrer wurde, war er als EDV-Techniker und Manager in der Privatwirtschaft, "aber irgendwann wollte ich lieber mit Menschen arbeiten und dieses Wissen auch weitergeben". Während der Ausbildung sei er in Schulen gewesen, in denen es aussah wie zu seiner eigenen Schulzeit. Für ihn unverständlich. Mit der Ausstattung an Werkzeugen in der Schule ist Satzl mittlerweile zufrieden. Was es für gut vorbereitete, junge Berufseinsteiger brauche, sei, diesen aber auch das Wissen hinter den Technologien zu vermitteln. "Statt den EDV-Unterricht auszubauen, wurde er aber gekürzt. Das ist die absolut falsche Richtung." Auf internationalen Konferenzen zu diesem Thema sei ihm vermehrt aufgefallen, wie kleinkariert es in Österreich zugehe.

Partner für die Schulen

Das ruft Unternehmen auf den Plan: Nicht nur Microsoft versucht, mit Bildungsprogrammen und der Bereitstellung von Geräten Schulen als Partner zu gewinnen. Samsung konzentriert sich beispielsweise auf das Programmieren und das spielerische Erlernen von Robotik für Kinder. "Auch wir merken, dass es an entsprechend ausgebildeten Fachkräften mangelt. Die Unterstützung sehen wir daher als unsere Pflicht", sagt Juri Goldfuß, bei Microsoft Österreich für das Teacher Engagement verantwortlich.

Auch Smartphones sind in der digitalen Business Academy übrigens gerne gesehen. Einsammeln und Einsperren könne er nicht nachvollziehen, sagt Satzl. "Wir möchten den Jungen lieber zeigen, wie man verantwortungsbewusst damit umgeht." (Lara Hagen, 20.10.2016)