Als Staatsmeisterin darf Christina Perchtold ein Jahr lang im rot-weiß-roten Trikot radeln. "Eine Ehre."

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Sarah Rijkes mag es hügelig, in Doha ist es aber brettleben.

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Doha/Wien – Es wird zach werden. So viel steht fest. Rund 40 Grad im Schatten hat es dieser Tage in Doha. Und von Schatten wenig zu sehen. Christina Perchtold und Sarah Rijkes sind trotzdem froh, dass sie in Katar sind. Sie haben eher nicht damit gerechnet, dass sie zur Rad-Weltmeisterschaft entsandt werden. Schließlich seien die Kosten hoch. Umso mehr freuen sich die beiden Österreicherinnen auf ihr Rennen.

Sieben Runden, 134,5 Kilometer und die Wüstenhitze. Der Kurs ist brettleben. Aber mehr als 20 Kreisverkehre bieten immerhin ein bisschen Herausforderung. "Mir taugt das Technische", sagt Rijkes (25) aus Waidhofen/Ybbs. Wenngleich sie es eigentlich hügeliger mag.

Am Samstag wird sie sich in den Dienst ihrer Teamkollegin Perchtold stellen. Die 23-jährige Klagenfurterin versteht sich nämlich aufs Sprinten. "Ich will mir nicht zu hohe Ziele setzen", sagt Perchtold. Das Reinsteigern tue ihr nicht gut. Und im Sprint, da brauche man auch viel Glück. Freilich, die Österreicherinnen zählen nicht zu den Favoritinnen. Rijkes: "Wir haben Außenseiterchancen."

Stagnation, Auszeit, Comeback

Rijkes bestreitet ihre zweite WM. Im Vorjahr gab sie in Richmond (USA) auf. Perchtold fährt erstmals in der Eliteklasse bei einer Weltmeisterschaft. 2015 hat sie ihre "erste richtige Saison" nach einer zweijährigen Auszeit absolviert. "Ich bin stagniert, dann habe ich geschaut, ob der Radsport noch das Richtige für mich ist." Perchtold hat eine Erkenntnis gewonnen. "Es ist genau das, was ich machen will."

Schon im Alter von fünf Jahren bestritt sie ihr erstes Rennen. Damals von Hütchen zu Hütchen. "Ein paar sind noch mit Stützrädern gefahren." Perchtold kam durch ihre Eltern zum Radfahren. Sie hat sich auch im Fußball und im Triathlon probiert. "Mit 14, 15 musste ich mich entscheiden." Es war eine Entscheidung für das Radrennfahren.

200 Euro als höchstes Preisgeld

Und das, obwohl Frauen in dem Sport nicht wirklich reich werden können. "Es gibt kein Mindestgehalt", sagt Rijkes. "Davon leben können vielleicht 20, 25 Fahrerinnen." Das höchste Preisgeld der Biologie-Studentin waren 200 Euro – für Platz drei bei der Staatsmeisterschaft. "Das reißt einen schon raus." Rijkes meint das nicht ironisch. Sie lebt von einer Halbwaisenrente – ihr Vater, ein Niederländer, ist bereits verstorben. Er war es, der sie einst zum Radsport brachte. Seit 2005, damals war sie 15, bestreitet sie Rennen. Seit 2014 ist sie Profi.

Heuer ist Rijkes vom belgischen Team Lotto Soudal zum ebenfalls belgischen Rennstall Lares-Waowdeals gewechselt. Auch dort verrichtet sie Hilfsdienste. Auf knapp 60 Renntage kommt Rijkes im Jahr. Trotz der finanziellen Schwierigkeiten gefällt der Niederösterreicherin das Leben als Radrennfahrerin. "Mir taugt die Atmosphäre im Team."

Perchtold sagt: "Man bereist die Welt, ist in der Gemeinschaft." Die Kärntnerin fährt ab 2017 für das Schweizer Team Cervelo Bigla. Auch sie wird in ihrem ersten Profijahr eher Hilfsdienste verrichten. Über die mangelnden Verdienstmöglichkeiten mag sie sich nicht beklagen. Immerhin ist sie als Polizeibedienstete beruflich abgesichert.

Ein Jahr im rot-weiß-roten Trikot

Bei Olympia 2020 mitzufahren ist Perchtolds Ziel. "Das habe ich groß vor Augen." Platz drei auf einer Etappe des Giro del Trentino und den Staatsmeistertitel 2016 nennt sie als ihre bisher größten Erfolge. Ein Jahr lang darf Perchtold im rot-weiß-roten Trikot fahren. "Eine Ehre."

Wie Rijkes trainiert sie rund 20 Stunden in der Woche – meistens alleine. Lieber sind Perchtold Rennen. "Es macht Spaß, ans Limit zu gehen. Man muss sich quälen können." Im Frühjahr wird gelegentlich bei fünf Grad und Regen geradelt. Und in Katar eben bei 40 Grad. Perchtold: "Man darf nicht empfindlich sein." (Birgit Riezinger, 14.10.2016)