Ob Massage oder Ayurveda: Immer mehr Gäste gönnen sich einen Wellnessurlaub mit Behandlungen, müssen aber immer mehr zahlen.

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Wien – Wellness habe in Österreich mit inzwischen knapp 1.100 einschlägigen Hotels den Plafond erreicht, zeigen die jüngsten Zahlen. Dafür gehen die Preise hierzulande teils schon deutlich durch die Decke.

"Erstmals in der Geschichte des Spa-Tourismus sind die Wellnesshotels in Deutschland in Summe billiger als in Österreich", sagte Christian Werner, Herausgeber des soeben erschienenen Relax Guide 2017, dem STANDARD.

Finanzminister schuld

Zumindest teilweise sei der Finanzminister schuld, dass österreichische Wellnessbetriebe die Konkurrenz jenseits der Grenze preislich überholt haben. Während in Deutschland der Mehrwertsteuersatz für Hotels schon 2010 von 19 auf sieben Prozent gesenkt wurde und in der Schweiz seit Jahren nur 3,6 Prozent fällig sind, wurde die Steuer in Österreich erst heuer von zehn auf 13 Prozent angehoben.

"Von den Preiserhöhungen haben die Hoteliers nichts, sie müssen mehr Steuer abführen. Die höheren Preise schaden ihnen aber sehr wohl im Konkurrenzvergleich", kritisiert der Experte.

Zahl der Betriebe konstant

Werner hat Ende der 1990er-Jahre als Erster begonnen, Hotels, die mit Wellness um Gäste werben, zu erfassen, zu testen und zu klassifizieren. Vom Sommer 2015 bis zum Sommer 2016 ist die Zahl einschlägiger Betriebe in Österreich mit 1.083 (Vorjahr: 1.084) nahezu gleich geblieben. 16 Hotels, die Bade- und Saunalandschaften bieten, sind neu dazugekommen.17 sind weggefallen und werden anderweitig genutzt, als Apartmenthäuser, Burnout-Klinik, Seniorenresidenz oder Asylwerberheim.

Der Durchschnittspreis für ein Doppelzimmer in einem Wellnesshotel mit Halbpension hat sich den Recherchen zufolge in der günstigsten Saison um vier Prozent auf 97,51 Euro erhöht. "Inflationsbereinigt ist das der höchste Wert seit Einführung des Euro", sagte Werner. Damit sei der Zimmerpreis pro Nacht um durchschnittlich 16,26 Euro höher als in Deutschland. Deshalb sei es nicht verwunderlich, dass immer mehr Österreicher Deutschland als Wellnessdestination entdeckten. Werner: "Der Bayerische Wald oder das Allgäu liegen dem Österreicher jetzt finanziell näher als das Salzburger Land oder Tirol."

Verstärkter Spardruck

Noch etwas sei zu befürchten: "Durch den zunehmenden Druck sind viele Betriebe gezwungen, an allen Ecken und Enden zu sparen. Das geht meist auf Kosten der Qualität – nicht zuletzt bei Küche und Dienstleistungen", sagte Werner.

Heuer können sich nur sieben Hotels in Österreich mit der höchsten Auszeichnung – vier Lilien – schmücken. Neben Reiters Supreme in Bad Tatzmannsdorf, dem Steirerhof in Bad Waltersdorf und den Geinberg Private Spa Villas sind das der Salzburgerhof in Zell am See, das Posthotel in Achenkirch, das Ronacher Thermenhotel in Bad Kleinkirchheim sowie das Feuerberg Mountain Resort in Bodensdorf, Kärnten.

30 Hotels besser bewertet als im Vorjahr

Die Reihung der Hotels erfolgt mittels eines Punktesystems, das sich an den besten Betrieben orientiert. Neben Wellnessinfrastruktur, Service und Qualität des Essens fließt auch die Stimmigkeit des Angebots in die Bewertung ein. 30 Hotels wurden besser bewertet als im Vorjahr, 70 etwas schlechter. Von den knapp 1.100 Hotels haben 238 Betriebe zumindest eine Lilie ergattert.

Auffällig sei, dass immer mehr Hotels mit "völlig überzogenen" Größenangaben ihrer Wellnessbereiche werben, sagt Werner und nennt Beispiele: "Der Europäische Hof in Bad Gastein wirbt mit einem 5.600 Quadratmeter großen Wellness- und Freizeitbereich. Der allgemein zugängliche Spa-Bereich ist etwa 950 Quadratmeter groß und damit 83 Prozent kleiner als beworben." Selbst unter Einbeziehung der Arzt- und Therapiebereiche ändere sich daran wenig. Insgesamt habe man in etwa 60 Fällen "eklatante Übertreibungen" festgestellt. Werner: "Damit werden Gäste in die Irre geführt." (Günther Strobl, 14.10.2016)