Fitnesstracker werden häufiger von Leuten gekauft, die bereits einen gesunden Lebensstil führen, sagt der Psychologe David Ellis. Übergewichtige Menschen profitieren hingegen nicht von den digitalen Assistenten, zeigte nun eine Studie.

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Washington – "Gestern hab ich 12.000 Schritte geschafft": Solche körperlichen Aktivitätsnachweise ernten häufig zumindest ein anerkennendes Nicken. Doch das digitale Bewegungstracking ist ein Hype, der zumindest in den USA zunehmend hinterfragt wird. Kritik regt sich vor allem an der Zuverlässigkeit der Fitnesstracker. Eine Nutzerin berichtet: "Ich habe festgestellt, dass mein Armband auch Schritte zählt, wenn ich mir die Zähne putze."

Wie valide sind nun die Daten, die erhoben werden? Und spornen sie zu mehr Bewegung an? Eine Studie, die Anfang des Jahres publiziert wurde, zeigte, dass die Nutzer von Fitness-Armbändern nach sechs Wochen im Durchschnitt 970 Schritte mehr pro Tag machten als zuvor ohne Armband.

Argument für zusätzliche Kalorien

Eine jetzt im Fachjournal "Jama" veröffentlichte Studie kommt zu weniger eindeutigen Ergebnissen. Für die Untersuchung machten fast 500 junge Übergewichtige eine Langzeitdiät. Zusätzlich erhielten sie Sportempfehlungen. Nach sechs Monaten bekamen die Hälfte der Probanden Fitnessarmbänder, die für einen weiteren Bewegungsanreiz sorgen sollten.

Das überraschende Ergebnis: Die Armband-Gruppe nahm 3,5 Kilogramm Körpergewicht weniger ab als die Vergleichsgruppe. "Unter jungen Erwachsenen mit einem Body-Mass-Index zwischen 25 und 40 bewirkte das Hinzufügen eines tragbaren technischen Hilfsmittels im Vergleich zu einer Standard-Intervention über 24 Monate einen geringeren Gewichtsverlust", resümieren die Forscher der Uni Pittsburgh.

Hauptautor John Jakicic hat dafür zwei mögliche Erklärungen: "Es könnte sein, dass die Leute denken: Ich war jetzt so aktiv, also kann ich auch einen Cupcake essen." Andererseits sei ein solches Armband auch nicht für jeden motivierend – wer an Trainingszielen häufig scheitere, werde eher frustriert.

Ungenaue Messung

David Ellis, Psychologe an der Universität Lancaster, sagte der BBC: "Fitnesstracker werden häufiger von Leuten gekauft, die bereits einen gesunden Lebensstil führen und ihre Fortschritte messen wollen." Deshalb sei es schwer zu sagen, ob sie wirklich für jeden hilfreich seien.

In der Tat: Etwa die Hälfte der geschätzten 33 Millionen Amerikaner, die einen Fitnesstracker besitzen, nutzen das Armband nicht mehr. Ein Drittel davon legte es bereits innerhalb der ersten sechs Monate zur Seite.

Andere Untersuchungen kritisieren die Ungenauigkeit der Geräte beim Ermitteln der verbrauchten Kalorienanzahl und des Blutdrucks oder beim Bestimmen der Pulsfrequenz. Wer ambitioniert trainiere, riskiere möglicherweise Herzprobleme, wenn sein Puls ständig deutlich über dem angezeigten Wert liege, monierten Ärzte. Gegen eine dieser Studien zog der größte US-Anbieter Fitbits in diesem Frühjahr dann auch vor Gericht.

Datenschutzprobleme

Der Mediziner Timothy Plante von der Johns-Hopkins-Universität rät, sich nicht auf den angezeigten Kalorienverbrauch zu verlassen. "Den Energieverbrauch zu messen ist eine große Herausforderung. Jeder, der diese Geräte benutzt, sollte die Ergebnisse mit Vorsicht genießen."

Eine andere Schwachstelle deckten Forscher der TU Darmstadt und der Uni Toronto auf: Viele Programme haben große Lücken im Datenschutz. Nutzerdaten können relativ einfach gehackt und manipuliert werden. (APA, dpa, red, 13.10.2016)