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Donald Trump sind wichtige republikanische Unterstützer abhandengekommen. Seine Kernklientel wird das kaum beeindrucken, doch Wahlkampf auf eigene Faust ist auch für Trump schwierig.

Foto: Reuters / Dominick Reuter

Der Riss scheint sich nicht mehr kitten zu lassen: Donald Trump hat namhaften Parteigrößen der Republikaner den Fehdehandschuh hingeworfen, nachdem sie sich im Wirbel um ein Skandalvideo von ihm abgewandt hatten. Zugleich kündigte er an, in der Endrunde des Wahlkampfs mit noch härteren Bandagen zu kämpfen: in der Rolle des Rebellen, der es mit den Etablierten aufnimmt.

Es begann mit einem trotzigen Tweet. Endlich könne er alle Fesseln abstreifen, schrieb Trump. Illoyale Republikaner, schob er hinterher, seien noch viel, viel schlimmer als die "betrügerische Hillary" Clinton. Mit etlichen dieser Leute würde er gewiss nicht in einem Fuchsbau sitzen wollen, wetterte er später bei Fox News, dem Haussender der Konservativen. Besonders gelte das für Paul Ryan: Der Mann sei übersensibel; "schon wenn du niest, meldet er sich zu Wort und erklärt, das sei eine schreckliche Sache".

Prominente Verweigerer

In Wahrheit muss es für den Milliardär ein schwerer Schlag gewesen sein, als der Sprecher des Repräsentantenhauses, 2020 selber ein möglicher Anwärter fürs Weiße Haus, nach monatelangem Schlingerkurs auf Distanz zu ihm ging. Nach der Veröffentlichung eines Videos, in dem Trump davon sprach, Frauen an die Genitalien zu fassen, zog Ryan die Notbremse und erklärte, nicht mehr für den Kandidaten seiner Partei werben zu wollen.

Damit ist er einer von vielen: Mehr als 160 prominente Republikaner verweigern Trump nunmehr öffentlich die Unterstützung: vorneweg John McCain, der altgediente Senator, dem ausgerechnet Trump daraufhin vorwarf, sich einer vulgären Sprache zu bedienen. Manche, die auf dem Nominierungskonvent im Juli noch den schönen Schein gewahrt und sich mit dem selbstverliebten Unternehmer arrangiert hatten, treten nunmehr die Flucht nach vorn an. Sie trennen sich von einem Kandidaten, von dem sie nicht mehr glauben, dass er am 8. November gewinnen kann.

Taktik der verbrannten Erde

In einer repräsentativen Umfrage von Wall Street Journal und NBC News liegt Trump um neun Prozent hinter Clinton. Vor allem bei Wählern mit College-Abschluss, sonst in ihrer Mehrheit eine sichere Bank für die Republikaner, hat er im Zuge des Videoskandals Federn gelassen. Und wie er mit der Taktik der verbrannten Erde, der er sich nunmehr zu verschreiben scheint, im Bildungsmilieu punkten will, bleibt sein Geheimnis.

Letzten Endes aber stürzt der offene Clinch beide Seiten ins Dilemma: sowohl den Milliardär als auch das Establishment der Konservativen. Dort, wo ihm die Parteiprominenz die kalte Schulter zeigt, wird Trump auf eigene Faust Wahlkampf machen müssen, ohne sich auf lokale Strukturen verlassen zu können. Möglicherweise hat das zur Folge, dass Clinton in Bundesstaaten siegt, in denen die Demokraten in aller Regel auf verlorenem Posten stehen. Arizona, stramm konservatives Terrain, gilt als Paradebeispiel dafür. Andererseits kann es sich die Parteielite nicht leisten, jene Teile der Basis zu verprellen, die Trump die Treue halten. Schickt sie den Populisten in die Wüste, muss sie damit rechnen, dass sich dessen Anhänger rächen und republikanischen Bewerbern für Senat oder Abgeordnetenhaus am Wahltag die Stimme verweigern.

Schwieriger Spagat

Die Folge ist ein Spagat, wie ihn Marco Rubio versucht, der noch vor acht Monaten als Favorit für die Kandidatenkrone gehandelte Senator aus Miami. "Ich wünschte, wir hätten einen besseren Bewerber", sagt der 45-Jährige, "aber ich will nicht, dass Hillary Clinton Präsidentin wird." Ergo nehme er seine Empfehlung für Trump nicht zurück.

Es gibt ohnehin nichts, was die verzweifelte Führung der Grand Old Party tun könnte, um den Schaden noch zu begrenzen. Zum einen haben die Großspender der Republikaner keinen Einfluss auf einen Mann, der nicht angewiesen ist auf ihre Finanzspritzen, zumal er sich auf eine große Zahl von Kleinspendern stützen kann. Zum anderen sind eventuelle Karriere-Erwägungen, wie sie Leute wie Ryan umtreiben, einem Donald Trump herzlich egal. Im Alter von 70 Jahren wird er sich kaum den Kopf darüber zerbrechen, was heutige Ausrutscher für künftige Wahlkämpfe bedeuten. (Frank Herrmann aus Washington, 12.10.2016)