Der Neue Markt lieferte rund um die Jahrtausendwende ein Paradebeispiel für eine Börsenblase: Auf einen rasanten Aufstieg folgte der umso tiefere Fall.

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Wien – Für junge Unternehmen ist es in der Regel problematisch, an Risikokapital zur Finanzierung weiteren Wachstums zu kommen. Das gilt nicht nur für Österreich, sondern auch in Deutschland, wo Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel schon vor längerem ein eigenes Wachstumssegment für junge Firmen eingefordert hat. Allerdings stecken der Deutschen Börse die Erinnerungen an die Berg-und-Tal-Fahrt des Neuen Markts rund um die Jahrtausendwende noch in den Knochen, weshalb sie diesmal vorerst einen anderen Weg eingeschlagen hat.

Im Vorjahr wurde mit dem Venture-Network eine Plattform aus der Taufe gehoben, die rund 200 internationale Risikokapitalgeber mit jungen Wachstumsfirmen zusammenbringen soll. Derzeit sind etwas mehr als 100 Unternehmen aus ganz Europa dabei, allerdings noch keines aus Österreich, wie die Deutsche Börse auf Anfrage erklärte. Im bisherigen Jahresverlauf wurden über die Plattform bereits 22 Finanzierungsrunden mit einem Volumen von rund 700 Millionen Euro durchgeführt. Zudem ist Ende September mit der Würzburger Vaqtec, einem Erzeuger energieeffizienter Isolationsprodukte, dem ersten Venture-Network-Unternehmen der Sprung auf das Börsenparkett gelungen.

Ebenfalls Ende des Vormonats wurde die Plattform um das Venture-Match erweitert, das beide Seiten effektiver zueinanderbringen soll. Dazu werden die Präferenzen der Geldgeber hinsichtlich Branchen, Regionen oder Finanzierungsvolumina erfasst, und es wird versucht, diese mit dem Bedarf der kapitalhungrigen Wachstumsfirmen abzugleichen.

Börse lotet Interesse aus

"Wir wollen unser klassisches Börsengeschäft sukzessive um vorbörsliche Initiativen erweitern", fasst Deutsche-Börse-Vorständin Hauke Stars zusammen. Vor der neuerlichen Einführung eines eigenen Wachstumssegments im Börsenhandel schreckt sie allerdings noch zurück – auf keinen Fall sollen die Fehler aus den Zeiten des Neuen Markts wiederholt werden, als teilweise noch nicht börsenfähige Firmen auf den Aktienmarkt gespült wurden. Daher setzt Stars zunächst mit dem Venture-Network auf den Ausbau eines "Ökosystems" im vorbörslichen Bereich. Dem Vernehmen nach lotet die Börse aber bereits das Interesse an einem eigenen Börsensegment aus. Die Entscheidung darüber könne noch heuer, der Startschuss dafür gegebenenfalls 2017 fallen.

Der ursprüngliche Neue Markt wurde 1997 mitten im aufkeimenden Internethype ins Leben gerufen und verachtfachte sich, gemessen am Nemax 50-Index, binnen dreier Jahre. Aber mit dem Jahrtausend wendete sich auch das Blatt, und die Kurse der Unternehmen, darunter auch eine Handvoll aus Österreich, stürzten ins Bodenlose. Im Jahr 2003 zog die Deutsche Börse schließlich die Notbremse und beendete das Experiment des Neuen Markts. (Alexander Hahn, 15.10.2016)