Bild: Thumper
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Als chromglitzernder Skarabäus auf Schienen in atemberaubenden Tempo zu düster-wuchtigem Industrial-Sound durch eine abstrakte Albtraumwelt rasen – wer angesichts dieser Beschreibung den Verdacht hat, "Thumper" (Windows, PS4, PSVR, 19,99 Euro) könnte ein klitzekleines Bisschen anstrengend sein, hat recht. Dennoch – oder vielmehr: gerade deshalb – ist das lang erwartete und soeben veröffentlichte Indie-Spiel eine außergewöhnliche Erfahrung, die schlicht nicht ihresgleichen hat.

Doch der Reihe nach: "Thumper" ist ein Rhythm-Action-Spiel, in dem die Aktionen von Spielerin oder Spieler möglichst akkurat zum durch optische Signale vorgegebenen Rhythmus passen sollen. Im Höllentempo rasen auf einer fixen Schiene Hindernisse, Kurven und Lichtpunkte heran, der geistesgegenwärtige Druck auf die – einzige – Aktionstaste oder Richtung ergibt sowohl den basslastigen Beat als auch möglichst hohe Punktewertung. Wer zweimal in Hindernisse oder steile Kurven rast, wird an den Levelanfang zurückkatapultiert – dank der Kürze der Levelabschnitte ist das allerdings zumindest anfangs nur halb so wild.

In regelmäßigen Abständen müssen Bossgegner in Form abstrakter geometrischer Wesen oder aber dämonischer Neon-Köpfe besiegt werden. Einige Male müssen sie exakt zum richtigen Zeitpunkt durch Aktivieren einer Waffe angegriffen werden – die erscheint allerdings erst, wenn das jeweils zuvorgehende, meist relativ kurze Streckenstück fehlerfrei absolviert wurde. Sowohl Reaktionsfähgkeit, Rhythmusgefühl als auch Kenntnis der jeweiligen Strecke – sprich: Lernen – sind gefragt, um auf dem Weg durch die beeindruckend abstrakte und zugleich fieberhaft psychedelische Albtraumwelt weiter voranzurasen.

Video: Gameplay-Trailer zu "Thumper"
DROOL

Angriff auf alle Sinne

Die beiden Entwickler von "Thumper" wissen, was sie tun: Als frühere Angestellte bei Harmonix haben sie an großen Genreklassikern wie "Frequency", "Guitar Hero", "Rock Band" oder "Dance Central" mitgearbeitet. "Thumper" ist jedoch bei aller Verwandtschaft etwas völlig anderes; die neuerfundene Beschreibung als "Rhythm Violence Game" trifft das Spielgefühl ziemlich gut. Geschwindigkeitsrausch, halluzinogene Grafik, ein beeindruckendes Gefühl von Körperlichkeit und vor allem der rohe elektronische Noise-Industrialsound lassen eine wahrnehmbare Bedrohung und Anspannung entstehen, die einem gewalttätigen Angriff auf die Sinnesorgane durchaus nahe kommen. Mit angehaltenem Atem, schmerzhaft verkrampften Fingern und von Konzentration geröteten Augen lässt sich "Thumper" für die meisten Spielerinnen und Spieler wohl auch eher häppchenweise erleben – bei längeren Spielsessions droht bei diesem Stahlgewitter aus gnadenloser Herausforderung und unerbittlich herankrachendem Sound sowohl geistige als auch körperliche Überforderung.

Der Lohn der Mühen, der sich durch geduldiges Lernen und höchste Konzentration irgendwann auch einstellt, ist allerdings die Leiden wert: Im gefühlt zeitlosen Zustand des Flows fügen sich Geschwindigkeit, Reflexe und düstere Maschinensoundkulisse zu einem Gesamterlebnis, das außergewöhnlich ist und zu dem man unweigerlich wieder zurückkehrt, wenn die jeweilige Überforderung verarbeitet ist. Und das schon auf dem schnöden zweidimensionalen Bildschirm – als Launch-Titel für Sonys soeben erschienenes VR-Headset PSVR wird "Thumper" nämlich endgültig zum fantastischen Trip, der so lange gefangen nimmt, wie es die menschliche Auffassungsfähigkeit eben nur zulässt. Vollends umschlossen, gibt es kein Entkommen mehr von dem Drang, sich den Beats dieser psychedelischen Albtraumwelt hinzugeben. Ein kleines, aber feines Schaustück die Überzeugungskraft der virtuellen Realität.

"Thumper" ist ein überwältigender Beweis dafür, dass eine simple Spielmechanik durch kompromissloses Gamedesign weit über sich hinauswachsen kann. Ein anstrengendes, beängstigendes, erhebendes, faszinierendes Erlebnis. (Rainer Sigl, 14.10.2016)

"Thumper" ist für Windows-PC und PS4 erschienen und unterstützt Playstation VR. Support für Oculus Rift und HTC Vive folgt. UVP: 19,99 Euro.