Freude nach 20 Monaten Hypo-Untersuchungsausschuss im Empfangssaal des österreichischen Parlaments: Ausschusschefin Doris Bures, Verfahrensrichter Walter Pilgermair (rechts) und Verfahrensanwalt Bruno Binder (mitsamt Ausschuss- und Fraktionsberichten).

Foto: APA / Hans Klaus Techt

Wien – Zuerst die Statistik, dann die Conclusio, so war die Dramaturgie des Pressegesprächs, in dem Hypo-U-Ausschuss-Vorsitzende Doris Bures (SPÖ; Erste Nationalratspräsidentin) am Dienstag ihre Bilanz zum "längsten U-Ausschuss der vergangenen zehn Jahre" zog. 20 Monate, 79 Sitzungen, 670 Stunden, 142 Befragungen gab es – und seit Dienstag sind sieben Berichte auf der Parlamentshomepage abrufbar. Jener des Ausschusses, den Verfahrensrichter Walter Pilgermair entworfen hat, und die Berichte der sechs Parlamentsfraktionen, alles in allem mehr als 1.400 Seiten.

Die Kernfrage, die der nach der nagelneuen Verfahrensordnung arbeitende Ausschuss zu beantworten hatte, drehte sich um die "politische Verantwortung" für das Debakel rund um die einstige Kärntner Landesbank Hypo Alpe Adria. Sie musste Ende 2009 verstaatlicht werden und wird nun als Heta abgewickelt.

Vier Empfehlungen

Doch im Ausschussbericht wird die Frage der Verantwortung nicht beantwortet. Pilgermair erklärte in der Pressekonferenz, er habe sich in seinem Berichtsentwurf "auf sichere Feststellungen" beschränkt. Und Bures meinte, die Verantwortung äußere sich darin, dass man "Lehren" aus den Ereignissen zöge und darin, dass der Gesetzgeber Regelungen schaffen solle, die "so ein Desaster in Zukunft verhindern".

Im Ausschussbericht finden sich dazu vier Empfehlungen. Bures und Co sprechen sich darin unter anderem für die Schaffung eines Insolvenzrechts für die Bundesländer aus (bisher gibt es das nur für Gemeinden) sowie für Obergrenzen bei den Haftungen von Gebietskörperschaften. Zudem plädierte Bures auch im Pressegespräch für Änderungen bei der Aufsicht für Banken. Rolle und Kompetenzen von Staatskommissären gehörten "klarer definiert". Bei den "Schnittstellen" der Arbeit von Aufsehern der Finanzmarktaufsicht (FMA) und der Nationalbank sehe sie "keinen unmittelbaren Handlungsbedarf". Im Finanzministerium wird aber schon des Längeren über neue Aufgabenverteilungen der beiden Institutionen nachgedacht.

Wirtschaftsprüfer-Problem

Die vierte Empfehlung des Hypo-U-Ausschusses betrifft die Wirtschaftsprüfer. Deren "Doppelrolle als Prüfende einerseits und Auftragnehmer der Banken andererseits" habe in der Causa Hypo "zu gewissen Zielkonflikten" geführt, wurde das Problem sehr vornehm umschrieben. Selbiges könne durch einen anderen Bestellungsmodus beseitigt werden. All das sei Sache des Gesetzgebers – der sich am Mittwoch im Parlament mit dem Thema Hypo-U-Ausschuss und -Bericht auseinandersetzen wird.

In den teils sehr umfangreichen und fundierten Hypo-Ausschuss-Berichten von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen, Neos und Team Stronach wird dagegen sehr wohl auf die politische Verantwortung eingegangen. Flapsig ausgedrückt wird da mit dem Finger auf die jeweils gegnerische Partei gezeigt.

Verschiedene Sichtweisen

SPÖ und ÖVP sehen den Kern der Verantwortung bei den überdimensionalen Haftungen, die Kärnten in der FPÖ-Zeit eingegangen ist. Die FPÖ verortet das teuerste Problem in der Notverstaatlichung unter roter Kanzlerschaft und schwarzem Finanzminister – und in der Zeit danach. Die Grünen sehen eine Kombination an Fehlern; sie beschäftigen sich schon seit Jahren mit dem Thema Hypo.

Die Neos orten in der Angelegenheit in erster Linie einen Justizskandal, das Team Stronach wiederum fordert eine "Politikerhaftung". Die von Robert Lugar geführte Fraktion hatte sich im Ausschuss gern auf "Verstaatlichungsfinanzminister" Josef Pröll (ÖVP) eingeschossen. (gra, APA, 11.10.2016)