Es wird rasch gehen. Am Mittwoch kommt im deutschen Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe der Zweite Senat unter Vorsitz des Gerichtspräsidenten Andreas Voßkuhle zusammen, um über den Umgang mit dem umstrittenen Ceta-Abkommen zwischen der EU und Kanada zu verhandeln. Einen Tag später, am Donnerstag, wird Voßkuhle bereits das Urteil verkünden.

Sein Senat hat dabei nicht über Inhalte zu befinden, sondern darüber, ob die deutsche Bundesregierung dem Ceta-Abkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement) am 18. Oktober im Europäischen Rat zustimmen darf. Die feierliche Unterzeichnung zwischen der EU und Kanada ist dann für den 27. Oktober in Brüssel geplant.

Kritiker sammelten Unterschriften

Deutschland dürfe nicht zustimmen, sagen die deutsche Linke und zahlreiche andere Gegner des Abkommens, darunter Organisationen wie Campact, Mehr Demokratie und Foodwatch. Sie haben Eilanträge mit 125.000 Unterschriften eingereicht, diese wurden in 70 Kartons zum Gericht gebracht.

Die Beschwerdeführer beklagen, dass ein allein mit Vertreterinnen und Vertretern der Exekutive besetztes Gremium – der Gemischte Ceta-Ausschuss – ermächtigt werden solle, einseitig Verfahrensvorschriften zu erlassen und Vertragsänderungen vorzunehmen – ohne nationales Verfahren und ohne die Zustimmung der Vertragsstaaten. Die Beteiligung deutscher staatlicher Repräsentanten im Gemischten Ceta-Ausschuss sei nicht vorgesehen.

Paralleljustiz befürchtet

Das verstoße ebenso gegen das Grundgesetz wie die Möglichkeit für kanadische Unternehmen, Investitionsgerichte anzurufen, um den deutschen Staat beziehungsweise die Bundesländer und Kommunen auf Schadensersatz zu verklagen, wenn sie die Wirtschaftlichkeit ihrer Unternehmungen durch staatliche Maßnahmen beeinträchtigt sehen. Es werde damit eine "unzulässige Paralleljustiz geschaffen und eine Ungleichbehandlung deutscher Unternehmen erzeugt", argumentieren die Ceta-Gegner.

Gericht trifft Folgeabwägung

Zunächst geht es vor dem Höchstgericht um eine sogenannte Folgeabwägung. Der Senat wird entscheiden, was gravierender ist: Wenn jetzt Deutschland die Zustimmung untersagt wird, der Vertrag im Hauptsacheverfahren aber für verfassungsgemäß erklärt wird oder wenn Ceta zunächst anwendbar ist, später jedoch als verfassungswidrig gekippt wird.

Der deutsche Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel wird am Mittwoch persönlich nach Karlsruhe reisen. Für ihn ist Ceta die Möglichkeit, "der Globalisierung Regeln zu geben". Er hat die zunächst sehr skeptischen Sozialdemokraten in monatelangen Gesprächen erst von Ceta überzeugen müssen. (Birgit Baumann, 11.10.2016)