Washington/Wien – Bereits seit Monaten sind die Werbepausen im US-Fernsehen mit politischen Clips gefüllt. Düstere Stimmen warnen vor dem Unheil, das bei der Wahl Hillary Clintons oder Donald Trumps droht. Zudem künden in den US-Bundesstaaten seit Wochen Plakate von der kommenden Präsidentenwahl.

Millionen Dollar haben die beiden Wahlkampagnen auch heuer wieder in die Swing States investiert – jene Bundesstaaten, in denen wegen des Wahlsystems relativ wenige Wähler über die politische Zukunft des ganzen Landes entscheiden können, weil die Stimmen des Staates in der Versammlung der Wahlmänner den Ausschlag geben könnten.

Was sind die Swing States

Swing States, das sind jene Bundesstaaten, die sich auf der politischen Landkarte der USA nicht eindeutig demokratisch oder republikanisch verorten lassen. Oft ist ein solcher Staat bei einer Wahl republikanisch, vier Jahre später kippt er auf die demokratische Seite. Je nach Definition gibt es zwischen acht und 15 Swing States. Im aktuellen Wahlkampf zählt das US-Nachrichtenportal "Politico" elf: Colorado, Florida, Michigan, Ohio, Iowa, Nevada, New Hampshire, North Carolina, Pennsylvania, Virginia und Wisconsin. Eine Analyse des britischen "Telegraph" führt auch Arizona und Georgia an: zwei Staaten, die bisher traditionell republikanisch waren, in denen Clinton laut Umfragen derzeit aber nicht weit hinter Trump liegt. Insgesamt stellen diese 13 Staaten 173 der 270 zum Sieg nötigen Wahlmännerstimmen. Ein Überblick über die aktuelle Ausgangslage, nach Anzahl der Wahlmännerstimmen geordnet.

Die großen Swing States

Florida (29 Stimmen) ist ein typischer Swing State, der im Laufe der Geschichte schon mehrmals die Seiten gewechselt hat. Von 1930 bis 1960 war er demokratisch, danach lange Zeit republikanisch; in den vergangenen beiden Jahrzehnten ist er öfters gekippt. Der südöstliche Bundesstaat hat auch einen großen hispanischen Bevölkerungsanteil, der mehrheitlich die Präsidentschaft Barack Obamas unterstützte – und sich auch Trump nicht sonderlich zugeneigt fühlt. Clinton kann hier mit einer knappen Mehrheit rechnen. Laut dem Statistikportal "Five Thirty Eight" stehen die Chancen auf einen demokratischen Sieg in Florida derzeit bei 70 Prozent, Clintons Führung in Umfragen beträgt allerdings nur rund drei Prozentpunkte.

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Clinton wirbt um die Wähler im Swing State Florida. Derzeit hat sie laut Umfragen in dem südlichen Bundesstaat einen Vorsprung von drei Prozentpunkten auf Donald Trump.
Foto: APA / AFP / Getty Images/Justin Sullivan

Pennsylvania (20 Stimmen), der Bundesstaat mit der sechstgrößten Bevölkerung, ist ein traditioneller Swing State. In den 80er-Jahren gewann hier bei jeder Präsidentenwahl ein Republikaner, 1992 positionierte sich der Staat dann wieder demokratisch und hat seither nicht mehr die Seiten gewechselt. Derzeit führt Clinton hier mit einem sicheren Vorsprung von zwölf Prozentpunkten auf Trump.

Ohio (18 Stimmen) gilt als klassisches Beispiel für einen Swing State. Seit 1976 stimmten die Wähler dort immer für den späteren Wahlsieger. 2008 und 2012 entschieden sich die Wähler für Obama, auch in diesem Jahr hat Clinton in Umfragen vier Prozentpunkte Vorsprung auf Trump. Die Prognosen sprechen von einer 60-prozentigen Gewinnchance der Demokratin.

Michigan (16 Stimmen), der bevölkerungsreiche Staat an den Großen Seen, ist zwar stark republikanisch geprägt, Gouverneur ist der Republikaner Rick Snyder. Dennoch hat sich der Staat bei den vergangenen sechs Präsidentenwahlen auf die demokratische Seite gestellt. Auch diesmal scheint die Sache klar: Clinton liegt in Umfragen elf Prozentpunkte vorne, "Five Thirty Eight" schätzt ihre Siegeswahrscheinlichkeit auf 90 Prozent.

Mittlere Swing States

North Carolina (15 Stimmen) ist der einzige aktuelle Swing State, den Obama bei seiner zweiten Kandidatur 2012 verloren hat. Abgesehen von Jimmy Carter 1976 und Obama 2008 wählte der Staat bisher immer republikanisch. Nun stehen die Siegeschancen Clinton allerdings bei 67 Prozent.

Virginia (13 Stimmen), ursprünglich republikanisches Territorium, ist 2008 auf die demokratische Seite gekippt – auch weil viele Bewohner der Suburbs der demokratischen Bundeshauptstadt Washington, D. C. dort an die Urnen schreiten. Heuer dürfte sich dieser Trend fortsetzen, in Umfragen liegt Clinton derzeit zwölf Prozentpunkte vor Trump.

Wisconsin (10 Stimmen), ein weiterer Staat bei den Großen Seen, war bis 1984 hauptsächlich republikanisch, seit 1988 kippte er zunehmend auf die demokratische Seite. So bleibt es vermutlich auch dieses Jahr: Prognosen geben Clinton hier eine 87-prozentige Gewinnwahrscheinlichkeit, im Umfragedurchschnitt führt sie mit 50 zu 42 Prozent.

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Donald Trump gab Ende September eine Rede in Waukesha in Wisconsin. Der Bundesstaat bei den Großen Seen ist traditionell republikanisch, die Chancen für Clinton stehen diesmal jedoch sehr gut.
Foto: APA / AFP / Getty Images/ Spencer Platt

Colorado (9 Stimmen) stellte sich bereits bei den letzten beiden Präsidentenwahlen auf die demokratische Seite, nachdem es bei den drei Wahlen davor mehrheitlich republikanisch abgestimmt hatte. Clinton führt dort in aktuellen Umfragen mit vier Prozentpunkten vor Trump. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie gewinnt, schätzt "Five Thirty Eight" auf 84 Prozent.

Kleinere, aber wichtige Swing States

Iowa (6 Stimmen), ein weiterer Staat im Mittleren Westen, stellt sich bei den Statistiken ähnlich dar wie Ohio. Der Staat hat eine lange demokratische Tradition, in den vergangenen 30 Jahren ist er nur zweimal auf die republikanische Seite gekippt. Trump hat hier einen etwas besseren Zugang zu den Wählern gefunden, Iowa gilt als einer jener Swing States, die ihm überdurchschnittlich entgegenkommen. "Five Thirty Eight" weist Clinton auch in ihrer aktuellen Stärkephase nur eine Führung von einem Prozentpunkt aus – und eine Siegeswahrscheinlichkeit von 54 Prozent.

Hillary Clinton bei ihrer Kampagne in Iowa. Die demokratische Kandidatin macht ein Selfie mit ihren Anhängern.
Foto: APA /AFP/Brendan Smialowski

Nevada (6 Stimmen) hat eine lange republikanische Geschichte, bei den letzten beiden Wahlen unterstützte der westliche Bundesstaat jedoch den Demokraten Obama. Die Umfragen geben Clinton derzeit einen Vorsprung von vier Prozentpunkten auf Trump, was sich auch in einer Siegeswahrscheinlichkeit von 72 Prozent ausdrückt.

New Hampshire (4 Stimmen) war lange Zeit republikanisch geprägt und wurde erst in den 1990er-Jahren zu einem Swing State. Clinton hat in dem nordöstlichen Bundesstaat laut jüngsten Umfragen zwar nur zwei Prozentpunkte Vorsprung, die Wahrscheinlichkeit ihres Sieges wird aber auf 82 Prozent geschätzt.

Die Sonderfälle Arizona und Georgia

Arizona (11 Stimmen), ist einer der Sonderfälle: Ein traditionell republikanischer Staat, der seit 1960er Jahren nur einmal einen demokratischen Kandidaten wählte (im Jahr 1996), und nun für Clinton stimmen könnte. Denn bei der heurigen Präsidentschaftswahl liegen Clinton und Trump nicht mehr weit auseinander, die Chance für einen republikanischen Sieg liegt derzeit nur bei 52,5 Prozent.

Trumps Anhänger in Arizona lassen sich die Autokennzeichen anpassen. In dem republikanischen Bundesstaat liegt Clinton jedoch nicht weit hinter Trump.
AFP/ Robyn Beck

Georgia (16 Stimmen) hatte bis in die 1960er-Jahre eine ungebrochen demokratische Tradition. Zwischen den 60er- und 90er-Jahren wurde es zum Swing State, hat sich aber seit 1996 nicht mehr vom republikanischen Lager wegbewegt. Im aktuellen Wahlkampf gab es bisher große Schwankungen, Clinton führte kurzzeitig sogar. Trumps Vorsprung scheint derzeit aber gesichert, einigen Prognosen zufolge dürfte das Wahlergebnis dennoch knapp ausfallen. (Anja Malenšek, 12.10.2016)