Steirische Unternehmer wollen die Forstwirtschaft wirtschaftlicher machen, indem sie Borkenkäferbäume erkennen, bevor der Befall mit freiem Auge sichtbar ist.

Foto: Festmeter

Borkenkäfer verändern den Wasserhaushalt von Bäumen.

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Leoben – Einen Wald zu bewirtschaften braucht Zeit. Regelmäßig müssen marode Bäume identifiziert und gefällt werden. Kurt Wöls tat sich schwer, diese Zeit aufzubringen. Der promovierte Maschinenbauer, Familienvater und Manager in einem Technologiekonzern hatte den Hof der Eltern in der Obersteiermark geerbt. "Am Samstagabend mit der Motorsäge im schwer zugänglichen Gelände unterwegs zu sein trug nicht gerade zu meiner Work-Life-Balance bei", sagt er.

Ein großer Teil der Arbeit besteht in der Kontrolle in Hinblick auf Borkenkäfer, die sich in die Rinde der Bäume bohren und Eier ablegen. Nach acht Wochen schwärmt bereits die nächste Generation von Käfern aus, um neue Bäume zu befallen. Hölzer, die sich nicht durch ausreichende Harzbildung wehren können, sterben ab.

Könnte man also die Suche nach Käferbäumen nicht technisch beschleunigen? Warum nicht Flugdrohnen einsetzen? Diese Idee ließ Wöls nicht mehr los. Es begann mit einer Spielzeugdrohne mit montierter Normalbildkamera. Mittlerweile beschäftigt sein Start-up Festmeter drei Angestellte und entwickelt eigene Analysealgorithmen, die Infrarotaufnahmen von Wäldern aus Drohnenperspektive automatisch durchforsten.

"Zum einen gibt es die rasche technische Entwicklung im Bereich der Drohnen. Zum anderen hatte ich mir in den Kopf gesetzt, Fernerkundung, die man sonst nur von Satelliten kennt, auf den einzelnen Baum herunterzubrechen", erklärt Wöls seine Motivation.

Die grundlegende Idee basiert darauf, dass Bäume ihren Wasserhaushalt verändern, wenn sie von Borkenkäfern befallen sind. Die Photosyntheseaktivität vermindert sich. "Diese kranken Bäume reflektieren bestimmte Wellenlängen im nahen Infrarotbereich anders als gesunde Bäume", erklärt Wöls. Speziell optimierte Infrarotbilder könnten Käferbäume also enttarnen – und das noch bevor der Befall mit freiem Auge sichtbar ist, so der Entwickler.

Hilfe erhielten die Gründer vom Zentrum für angewandte Technologie (ZAT), dem Gründerzentrum der Montanuniversität Leoben. Eine erste Förderung kam vom Austria Wirtschaftsservice (AWS). Als Kogründer stieß der Holzvermarkter Bernd Cresnar dazu, der sich um den Vertrieb kümmert. "Erkennt man den Befall frühzeitig – also wenn die Käferbrut noch nicht ausgeflogen ist -, kann man den Baum entfernen und als normales Sägeholz verkaufen", so Cresnar. "Wartet man zu lange, befallen die Käfer benachbarte Bäume, die man ebenfalls fällen muss. Man bekommt nicht nur weniger Geld für Käferholz, sondern produziert auch Löcher, die den Wald für Sturmschäden anfällig machen."

Anfangs baute man konventionelle Kameras um, damit sie kein Infrarotlicht mehr blocken. Mittlerweile statten die Gründer ihre Drohnen mit Spezialkameras aus. Bei den semiautomatischen Flügen wird im Vorhinein eine Route festgelegt, die die Drohnen selbstständig abfliegen, wobei die Piloten am Boden stets eingreifen können. "Bei einem Überflug werden 4000 Einzelaufnahmen gemacht, die eine hohe Überlappungsrate aufweisen. Aus ihnen wird ein großes Bild errechnet, das insgesamt 50 bis 100 Hektar Wald abbildet", erklärt Wöls.

In diesem Datenmaterial werden nun jene Bäume lokalisiert, die die für einen Käferbefall charakteristischen Werte aufweisen. "Wir haben mittlerweile auch eine Biologin an Bord, die sich mit der Baumphysiologie beschäftigt", so der Forstwirt. Versteht man die veränderte Reflexionsfähigkeit der kranken Bäume besser, können auch exaktere Analysemodelle erarbeitet werden. Um die Präzision zu erhöhen, werden auf der Technologieplattform – die Gründer haben sie übrigens Waldfee genannt – Methoden künstlicher Intelligenz und selbstlernender Systeme implementiert. "Für mich ist es faszinierend", sagt Wöls, "wie auf diese Art die Natur und das Leben auf dem Bauernhof mit abstraktem mathematischem Denken in Verbindung gebracht werden kann".

Die neue Verbindung aus Forstwirtschaft und Informationstechnologie könnte sogar ein neues Berufsbild hervorbringen: Die Unternehmer suchen nicht nur junge Forstwirtschaftler, sondern auch "Remote Sensing Engineers", Fernerkunder, die Drohnenüberflüge vor Ort umsetzen können und die Daten zur Analyse auf den Festmeter-Server laden.

Kundeninteresse sei jedenfalls da. Private und öffentliche Forstverwaltungen setzen die Technik bereits ein, viele davon sind in Deutschland. "Dort ist der Leidensdruck größer. Die Fichte wurde in vielen Regionen gepflanzt, in die sie eigentlich nicht passt", erklärt Cresnar. "Fehlt die Feuchtigkeit, begünstigt das die Käfer." Mit dem Klimawandel wird das Problem drängender. – Gute Aussichten also für die Gründer. (Alois Pumhösel, 16.10.2016)