Wimbledon – Das "Märchen" des AFC Wimbledon ist seit dem vergangenen Wochenende um ein Kapitel reicher, die Fußball-Romantik triumphierte über das durchkommerzialisierte Sportbusiness. Erstmals steht der 2002 von Fans gegründete Klub aus dem Londoner Stadtteil vor dem verhassten Rivalen Milton Keynes Dons – auf diesen Tag hatten die Anhänger des AFC Wimbledon 14 lange Jahre gewartet. Von einem "historischen Meilenstein" schrieb die englische Tageszeitung The Guardian, nachdem der Drittligist am Sonntag durch ein 3:1 bei Oxford United an den MK Dons vorbeigezogen war.

"Vor 12 Jahren spielte der AFC in der achten Liga, Milton Keynes in der dritten Liga – Jetzt ist MK immer noch dort, und Wimbledon ...", schrieb Buchautor John Green voller Stolz und postete bei Facebook die Tabelle der League One: 10. AFC Wimbledon, 12. MK Dons. Nun ist John Green nicht gerade irgendwer. Sein Bestseller "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" verkaufte sich unzählige Male, 2014 wurde er vom Time-Magazine unter die 100 einflussreichsten Personen des Jahres gewählt. Auf Facebook folgen ihm mehr als drei Millionen Menschen.

Und Green ist vor allem eins: Fan des AFC. Zeitweise sponserte er das Team, 2015 wurde eine Tribüne des Stadions nach ihm benannt, Ende März kündigte er an, einen Film über die Geschichte des Klubs zu drehen. Der vergangene Sonntag wird dabei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Rolle spielen. "Das ist die größte Außenseiter-Geschichte, von der man bisher nichts gehört hat", schrieb Green: "Eine Geschichte über ein paar gealterte Leute mit normalen Jobs, die keine Ahnung davon haben, wie man einen Sportverein führt."

Verlagert und umbenannt

Rückblick: 2001 ist der traditionsreiche FC Wimbledon insolvent. Die neuen Besitzer verlagern den Klub ganz nach Vorbild der US-Profiligen nach Milton Keynes, einer in den 1960er Jahren am Reißbrett entworfenen Stadt 100 Kilometer nördlich von London. Sie benennen ihn wenig später um – die MK Dons, der wohl unbeliebteste Klub im englischen Fußball, ist geboren.

Die Fans des FC Wimbledon liefen Sturm, zerstörten Fanshops und warfen Hundekot in den Briefkasten des neuen Besitzers. Alles vergeblich. Der FC Wimbledon, 1988 FA-Cup-Sieger und berühmt geworden durch den überharten Spielstil der "crazy gang" um Rüpel Vinnie Jones, hörte auf zu existieren.

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Das Cherry Red Records Stadium ist die Heimstätte des AFC Wimbledon.
Foto: Reuters/Holt

Aus Protest gründeten die Anhänger den AFC Wimbledon. Sie starteten in der neunten Liga, der "Combined Counties League" – ganz unten, aber mit viel Enthusiasmus. Die ersten Spieler wurden gecastet, noch immer gehört der AFC einer fangetragenen Gesellschaft, jedes Mitglied hat eine Stimme. Inzwischen – sechs Aufstiege später – spielt der AFC in der dritten Liga. Er ist in dieser Saison erstmals Ligakonkurrent der MK Dons, die in der vergangenen Spielzeit aus der 2. Liga abstiegen.

Mit dem Erreichten will sich der Verein aber nicht zufrieden geben, am 10. Dezember kommt es zum ersten Ligaduell mit den Dons. Dreimal trafen die Klubs bereits in Pokal-Wettbewerben aufeinander – das erste Duell wurde 2012 sogar live im Fernsehen übertragen. (sid, 11.10.2016)