ATV-Chef Martin Gastinger.

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Wien – ATV-Geschäftsführer Martin Gastinger sieht keinen raschen Verkauf des Privatfernsehsenders. "Wir sind weit entfernt von einem aktiven Verkaufsprozess", sagte Gastinger am Dienstag bei der Programmpräsentation. Dass der Eigentümer, der Filmhändler Herbert Kloiber, ATV öffentlich zum Verkauf gestellt hat, interpretiert Gastinger als Frust über die heimische Medienpolitik.

"Es ging ihm auch darum, wachzurütteln", erklärte Gastinger, warum Kloiber der Kragen geplatzt sei und er sich zu seinen Aussagen hinreißen habe lassen. Kloiber hatte Ende August gesagt: "ATV war mein größter Fehler." Gastinger versuchte heute bei der Präsentation neuer Formate für 2017 die Wogen zu glätten und versprühte Optimismus. "Uns geht es sehr gut", so Gastinger. Dies habe er in den vergangenen Wochen auch allen Geschäftspartnern gesagt.

Verluste von rund 14 Millionen Euro

ATV hatte in den Jahren 2012 bis 2014 jeweils Verluste von rund 14 Mio. Euro geschrieben. Für 2015 hat ATV noch keine Bilanz vorgelegt. Die Frist für die Hinterlegung im Firmenbuch, die bis 30. September lief, sei verlängert worden. Dies habe keinen speziellen Hintergrund. 2015 und heuer seien die Verluste aber "ähnlich" hoch, so Gastinger.

Gastinger beschwerte sich bei der Programmpräsentation auch darüber, dass derzeit nur darüber diskutiert werde, wie viele Millionen der ORF noch brauchen könnte und um wie viel die Presseförderung aufgestockt werden soll. Die Privatsender würden dabei vergessen. Dabei gehe es um viele hundert Arbeitsplätze, auch bei dutzenden Produktionsfirmen.

40 Prozent der Werbegelder bleiben in Österreich

Gastinger erinnerte daran, dass der RTL-Vermarkter IP Österreich 20 Prozent des Werbevolumens nach Deutschland abziehe, weitere 40 Prozent gingen an die ProSiebenSat.1-Gruppe, nur sechs Prozent davon entfielen auf den Österreich-Ableger Puls 4. Somit blieben nur 40 Prozent der Werbegelder in Österreich, wovon 27 Prozent zum ORF gingen.

Konkret forderte Gastinger von der Medienpolitik, die heimische Wertschöpfung zu unterstützen. Etwa mit einer Sondersteuer für Medien ohne Produktion in Österreich, insbesondere Werbefenster deutscher Sender. Sie könnte auch Google und Facebook treffen, Medienminister Thomas Drozda will sie ohnehin besteuern. Die Einnahmen sollten österreichischen Medien zugutekommen. Gastinger besuchte alle Partei-Mediensprecher und sah bei manchen "großes Aufwachen" über Werbeeinnahmen deutscher Sender und "keine Tiefe in dem Thema".

Derzeit hätten heimische Sender Wettbewerbsnachteile gegenüber Werbefenstern. Sie könnten beispielsweise Alkoholwerbung schalten und seien bei den Werbezeiten freier. Gastinger appellierte an den Gesetzgeber, Fernsehsender mit österreichischen Inhalten verpflichtend auf den vorderen Plätzen in die Kabelnetze einzuspeisen. Derzeit ist nur der öffentlich-rechtliche Rundfunk per Gesetz eingespeist, ATV müsse jährlich über 600.000 Euro an Kabelnetzbetreiber wie UPC oder A1 zahlen.

ORS solle privatisiert werden

Gastinger forderte auch, die Sendeanlagen (ORS), an denen der ORF 60 und Raiffeisen 40 Prozent hält, vollständig zu privatisieren. Die Privatsender würden so den ORF querfinanzieren. ATV habe bisher einen zweistelligen Millionenbetrag an die ORS gezahlt. Gastinger kritisierte weiters, dass der Fernsehfonds zu 95 Prozent ORF-Produktionen fördere. ATV habe für "Pfusch am Bau" 112.000 Euro erhalten während "Soko Donau" bisher insgesamt 19,5 Mio. Euro bekommen habe.

Dass sich ATV aus der Sportberichterstattung zurückgezogen hat, erklärte Gastinger am Dienstag ebenfalls mit den österreichischen Verhältnissen am Medienmarkt. Für die Übertragungsrechte von Skirennen oder der Vierschanzentournee gebe es keine Ausschreibung. Das mache sich der ORF mit Herrn Schröcksnadel aus, so Gastinger. (APA, red, 11.10.2016)