Foto: APA/ÖBB/WEGSCHEIDER

Wien/Berlin – Die ÖBB übernehmen fast die Hälfte des Nachtzuggeschäfts der Deutschen Bahn und bieten ab dem Winterfahrplan (ab 11. Dezember) sechs neue Nachtverbindungen in Deutschland an. Der blaue "Nightjet" wird dann auf insgesamt 15 Strecken rollen und soll vermehrt deutsche Fahrgäste befördern, kündigte ÖBB-Chef Andreas Matthä an. Dafür werden 40 Millionen Euro in Beschaffung und Umbau der Fahrzeuge investiert.

Die Deutsche Bahn stellt ihrerseits ihre Nachtzüge komplett ein. Rund 40 Prozent davon übernimmt die ÖBB. Dazu werden 15 Liegewagen und 42 Schlafwagen der DB aufgekauft und umgebaut. Gemeinsam mit den 59 bestehenden Liegewagen und 10 Schlafwagen werden künftig also 74 Liegewagen und 52 Schlafwagen als ÖBB-"Nightjets" quer durch Mitteleuropa rollen.

Bei einer gemeinsamen Präsentation von DB und ÖBB am Freitag in Berlin wird das neue Konzept für den deutschen Bahnmarkt präsentiert.

"Österreichische Gastfreundschaft"

Künftig sollen alle Nachtzüge der ÖBB in einheitlichem Design gestaltet sein: Außen dunkelblau mit einem angedeuteten Sternenhimmel, innen qualitativ hochwertig ausgestattet in verschiedenen Varianten. Angeboten werden Schlafwagen mit 1-, 2- oder 3-Bett-Abteil, Liegewagen mit 4- oder 6-Bett-Abteil sowie Sitzplätze. Umgerüstet auf das einheitliche Erscheinungsbild werde schrittweise, hieß es vor Journalisten in Wien. Das Catering übernimmt Newrest. Die DB unterstützt die ÖBB beim Vertrieb, gebucht werden kann auch im Internet unter nightjet.com. Mit einem Fototapeten-Wettbewerb über die Homepage www.oebb.at können User Fotos einschicken für den Plafond der Liegewagenabteile.

"Wir bieten österreichische Gastfreundschaft", bewirbt Matthä die Nightjets für deutsche Fahrgäste. "Man kommt entspannt und sicher durch die Nacht". Unter dem Motto "Lässig statt stressig" verbinden die neuen Nachtzüge deutsche Metropolen mit Urlaubszielen wie Innsbruck und Villach, Venedig und Mailand oder Rom. "Der Urlaub soll schon mit dem Einsteigen in den Zug beginnen". Doch auch Geschäftsreisende gehören zur Zielgruppe. Den Vorteil gegenüber dem Flugzeug sieht die Bundesbahn in den Ein- und Ausstiegsstellen, den zentralen Bahnhöfen – im Falle Venedigs steigt man sogar direkt am Canale Grande aus dem Zug.

Ambitionierte Ziele

Punkten wollen die ÖBB mit ihrem Servicekonzept, der teilweise zusätzlich angebotenen Auto- und Motorradbeförderung sowie mit günstigen Preisen. Über die Sparschiene sind Tickets in den – mitgeführten – Sitzwägen etwa München-Venedig ab 39 Euro zu haben. Eine sechsköpfige Familie (vier Kinder) kann von Düsseldorf im Familienabteil im Liegewagen um 199 Euro inklusive Frühstück nach Innsbruck anreisen. Ein Alleinreisender von Berlin nach Zürich berappt im Einzelabteil im Schlafwagen ab 139 Euro inklusive Frühstück. "Der Nachtzug erspart eine Hotelübernachtung, Stress auf der Autobahn oder einen Flug", ergänzt Matthä.

Die ÖBB-Ziele sind ambitioniert: Bis zum Jahr 2020 will die Bundesbahn mit dem erweiterten Angebot 1,8 Millionen zusätzliche Fahrgäste befördern, also jährlich um 0,6 Millionen mehr. Derzeit sind jährlich eine Million Fahrgäste in den ÖBB-Nachtreisezügen unterwegs. Das Nachtgeschäft macht 17 Prozent des Fernverkehrsumsatzes aus und ist profitabel.

Die Deutsche Bahn hatte bereits Ende 2015 bekanntgegeben, alle bisherigen Linien des klassischen Nachtzugverkehrs in diesem Dezember "in einem Schritt" einzustellen. Als Grund wurden jahrelange Verluste in diesem Geschäft genannt. So seien 2015 bei rund 90 Millionen Euro Umsatz 31 Millionen Euro Minus herausgekommen. (APA, 7.10.2016)