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Ohne ersichtlichen Grund stürzte das britische Pfund im asiatischen Handel zwischenzeitlich auf den tiefsten Stand seit 1985.

Foto: Phil Noble / Reuters

Wien – Das britische Pfund ist am Freitag zu Beginn des asiatischen Handels binnen weniger Minuten um mehr als sechs Prozent gegenüber dem US-Dollar abgestürzt. Mit einem Kurs von 1,1841 Dollar markierte die Währung den tiefsten Stand seit Mai 1985. Händler rätselten über die Ursachen und nannten als Möglichkeiten einen Tippfehler eines Marktteilnehmers oder automatischen Computerhandel, bei dem bewusst das dünne Umsatzvolumen in Asien ausgenutzt worden sein könnte. Im weiteren Verlauf konnte das Pfund die Verluste auf rund eineinhalb Prozent eingrenzen.

Seit der Ende Juni gefällten Entscheidung der Briten, der EU den Rücken zu kehren, verliert das Pfund kontinuierlich an Wert. Inzwischen haben sich die Kursverluste wegen der befürchteten Folgen des Brexit gegenüber der US-Währung auf mehr als 16 Prozent summiert. Damit hat das britische Pfund heuer die schwächste Entwicklung aller bedeutenden Währungen auf das Handelsparkett gelegt.

Die Brexit-Ängste dürften laut Händlerkommentaren auch durch eine Aussage des französischen Präsidenten François Hollande in einem Bericht der "Financial Times" geschürt worden sein, in dem er sich für eine harte Haltung der EU bei den anstehenden Austrittsverhandlungen ausgesprochen hat. "Solche Kommentare würden für sich noch keinen Grund für eine Talfahrt in dieser Größenordnung darstellen", orakelt Währungsstratege Gareth Berry von der Maquarie Bank. "Aber wenn einmal eine Bewegung bei dünner Handelstätigkeit ins Rollen kommt, kann daraus schnell ein Schneeballeffekt entstehen."

Schon mehrere derartige Kursstürze

Jedenfalls haben sich solche Flash-Crashs, bei denen eine Währung ohne ersichtlichen Grund innerhalb kurzer Zeit einknickt, zuletzt an den Devisenmärkten gehäuft. Zu Jahresbeginn war etwa der südafrikanische Rand binnen einer Viertelstunde um mehr als neun Prozent abgerutscht, im August betraf ein vergleichbarer Vorfall den neuseeländischen Dollar. Ähnliches ist im Mai 2010 auch an der New Yorker Börse geschehen, als der Dow-Jones-Index innerhalb kürzester Frist um neun Prozent abgesackt war. Bei mehreren Aktien mussten damals Transaktionen rückabgewickelt werden, als Ursache wurde automatisierter Hochfrequenzhandel ausgemacht.

Als "beängstigend" bezeichnete Währungsanalyst Karl Schamotta von Cambridge Global Payments die Vorgänge. "Wieder einmal wurde das Vertrauen in die Devisenmärkte erschüttert", wird er von der Finanznachrichtenagentur Bloomberg zitiert. Jeder Händler, der vergangene Nacht an der Achterbahnfahrt des Pfund teilgenommen habe, werde die Qualität des Handels infrage stellen. (Alexander Hahn, 7.10.2016)