Positiver Drogentest, Dopinggerüchte, Rücktritt von der Rücktrittserklärung und Beleidigungen, jetzt Depressionen und Selbstmordgedanken: Boxweltmeister Tyson Fury.

Foto: APA/AFP/OLI SCARFF

In einem Interview mit dem Magazin "Rolling Stone", das am Dienstag veröffentlicht wurde, hat Schwergewichts-Weltmeister Tyson Fury zugegeben, Kokain genommen zu haben: "Ich habe in meinem Leben viele Dinge getan. Ich habe viel Kokain genommen. Wirklich viel. Warum sollte ich auch nicht Kokain nehmen? Es ist mein Leben, oder nicht? Ich kann machen, was ich will." Seit Mai sei er ausgegangen, habe getrunken und Drogen genommen und sich "verhalten wie ein Irrer, wie ein Idiot".

Psychische Probleme

Vergangenen Freitag war bekannt geworden, dass der Boxer am 22. September positiv auf die Einnahme von Kokain getestet worden war. Am Tag danach sagte Fury den für den 29. Oktober geplanten Rückkampf gegen Wladimir Klitschko ab – es war bereits das zweite Mal, dass Fury das Re-Match platzen ließ. Begründet wurde die zweite Absage mit gesundheitlichen Probleme, in britischen Medien kursierten etwaige psychische Probleme.

Auch zu diesen Gerüchten bezog Fury in dem Interview Stellung. Er habe Depressionen und Selbstmordgedanken: "Ich will nicht mehr aufwachen. Ich hoffe jeden Tag, dass ich sterbe. Und das zu sagen, ist eine schlimme Sache, wenn man drei Kinder und eine wundervolle Frau hat, oder?" Seine Religion verbiete ihm allerdings Suizid. "Ich hoffe einfach, jemand bringt mich um, bevor ich mich selbst töte. Denn sonst müsste ich auf Ewigkeit in die Hölle", so Fury. Er befinde sich derzeit in einem Krankenhaus und in psychiatrischer Behandlung.

"Ich hasse das Boxen"

Die Schuld an den Depressionen gibt Fury dem Boxsport und der Öffentlichkeit. "Ich war viel glücklicher, als ich noch nicht Weltmeister war". Seither würde eine Hexenjagd auf ihn veranstaltet werden, er werde "wie Scheiße behandelt". Er sei etwa sechs Mal innerhalb einer Woche einem Drogentest unterzogen worden. "Vergangene Woche kamen sie um 1:30 Uhr am Morgen in mein Haus, um mich zu testen. Und um 9:00 Uhr kamen sie zurück, um mich erneut zu testen. Was soll das? Sie machen mich verrückt." Heute hasse er das Boxen, sagte er dem "Rolling Stone".

Er glaubt, dass seine Abstammung aus einer irischen Nomaden-Familie der Grund dafür ist. "Ich empfinde jetzt in 2016 mehr Rassismus als jeder Sklave, jeder Einwanderer im 19. Jahrhundert", sagte Fury, der sich selbst "Gypsy King" (Zigeunerkönig) nennt: "Muhammad Ali hat in den 60ern seine Goldmedaille weggeworfen, weil er schlecht behandelt und missbraucht wurde, und das tue ich heute auch. Ich werfe alle meine WM-Titel in die Mülltonne, denn ich werde in der Gesellschaft als Traveller im Jahr 2016 nicht akzeptiert."

Am Montag hatte Fury auf Twitter für Aufsehen gesorgt, als er seinen Rücktritt vom Boxsport angekündigt und diesen mit wüsten Beschimpfungen garniert hatte – nur um ihn wenige Stunden später als Scherz abzutun und zurückzunehmen: "Hahahaha ihr glaubt, ihr werdet den GYPSYKING so leicht los!!! Ich bin hier, um zu bleiben."

Verlust des WM-Titels droht

Seine Sportkarriere dürfte aber spätestens mit dem Kokain-Geständnis vorerst beendet sein. Bei dem positiven Drogentest Ende September handelte es sich um eine Trainingskontrolle in Lancaster in England, bei der Fury positiv auf die Substanz Benzoylecgonine getestet worden war – ein klarer Hinweis auf Kokain. Eine entsprechende Nachricht soll die Voluntary Anti-Doping Association (VADA), die internationale Top-Kämpfe überwacht, an die Box-Weltverbände verschickt haben.

Sollte sich das Ergebnis der A-Probe bestätigen, droht Fury der Verlust sämtlicher WM-Gürtel. Bereits im Juli waren Dopinggerüchte um Fury aufgekommen. Er soll zudem bereits vor seinem WM-Sieg gegen Klitschko im November 2015 positiv auf das anabole Steroid Nandrolon getestet worden sein. Die erst deutlich später erfolgte Sperre wurde von der britischen Anti-Doping-Agentur UKAD bis zur Anhörung am 4. November ausgesetzt. Furys Anwalt Lewis Power will den Termin verschieben. "Derzeit ist Tyson nicht zurechnungsfähig, hat sich bei seinen Aussagen und Taten nicht im Griff", sagte er der Sport-Bild. (siu, sid, 5.10.2016)