Aleppo/Damaskus/Moskau – Während sich Rebellen und Regierungstruppen in Aleppo einen erbitterten Häuserkampf liefern, liegen die diplomatischen Bemühungen um eine Beilegung des Konflikts in Syrien in Scherben. Laut Aktivisten eroberten am Dienstag regierungstreue Kämpfer Straße um Straße im Ostteil der Großstadt.

Regierungstreue Einheiten "rücken Stück für Stück im Zentrum vor", sagte der Leiter der in Großbritannien ansässigen, oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdulrahman. Ihr Ziel sei die Einnahme der "großen Gebäude" ehemaliger Verwaltungssitze, "von wo aus sie die ganzen Viertel überwachen können". Die Beobachtungsstelle beruft sich auf Informanten an Ort und Stelle, ihre Angaben sind von unabhängiger Seite schwer zu überprüfen.

Heftige Gefechte im Norden und Süden

Im Norden und Süden Aleppos lieferten sich regimetreue Kräfte und Rebellen am Dienstag heftige Gefechte. Mindestens sechs Menschen seien gestorben und 47 weitere verletzt worden, nachdem Rebellen die Universität im vom Regime kontrollierten Teil Aleppos beschossen hätten, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur SANA. Unter den Opfern seien auch Studenten. Der Beobachtungsstelle zufolge flogen Kampfjets in der Nacht mehrere Luftangriffe.

Die syrischen Regierungstruppen hatten am 22. September mit massiver russischer Luftunterstützung eine Boden-Luft-Offensive gestartet. Die schweren Bombardements waren international auf scharfe Kritik gestoßen.

USA prüfen auch Alleingänge in Syrien

Die USA prüfen nach dem Bruch mit Russland auch ein unilaterales Vorgehen in der Syrienkrise. Ein Sprecher des Außenministeriums in Washington erklärte am Dienstag, die US-Regierung berücksichtige gegenwärtig eine ganze Reihe von möglichen Vorgehensweisen. Darunter seien diplomatische, militärische, geheimdienstliche und wirtschaftliche Maßnahmen.

"Wir prüfen immer die unilateralen Optionen, wenn wir mit einer Situation wie die in Syrien konfrontiert sind", sagte der Sprecher. Allerdings werde auch die Zusammenarbeit mit den Staaten der Syrien-Unterstützergruppe besprochen.

Russland stationiert Luftabwehrsystem in Tartus

Russland hat unterdessen auf seiner Marinebasis im syrischen Tartus ein Luftabwehrsystem stationiert. Das Raketenabwehrsystem vom Typ S-300 sei in die westsyrische Stadt am Mittelmeer gebracht worden, erklärte ein Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums am Dienstag.

Dabei handle es sich um ein "reines Abwehrsystem", das niemanden bedrohe, betonte der Sprecher. Es diene lediglich dazu, die Sicherheit der Basis in Tartus zu gewährleisten.

Russland hatte im November vergangenen Jahres bereits Abwehrsysteme vom Typ S-400 auf seinem Luftwaffenstützpunkt in Hmeimim stationiert. Diese sollten die Sicherheit der russischen Kampfflugzeuge in Syrien gewährleisten, hieß es damals aus dem Kreml.

Moskau unterstützt im Syrien-Krieg die Führung in Damaskus. Am Montag hatten die USA angesichts der heftigen Angriffe auf die Stadt Aleppo die Gespräche mit Russland über eine Beilegung der Krise für beendet erklärt. (APA/AFP, 4.10.2016)