Eisbohrkerne aus Grönland und der Antarktis offenbarten, dass der Sauerstoffanteil in der Atmosphäre langsam abnimmt – in den letzten 100 Jahren sogar etwas schneller.

Foto: Stolper, et al.

Princeton – Die Erdatmosphäre verliert allmählich Sauerstoff – Gefahr, dass wir alle ersticken werden, besteht allerdings für absehbare Zeit nicht, denn der Abbau des lebenswichtigen Elements geschieht äußerst langsam. Auf der Grundlage von Eisbohrproben der vergangenen 30 Jahre haben US-Wissenschafter nachgewiesen, dass der Sauerstoffanteil in der Gashülle der Erde in den vergangenen 800.000 Jahre um 0,7 Prozent zurückgegangen ist.

Laut Daniel Stolper und seinen Kollegen von der Princeton University in New Jersey handelt es sich dabei um eine natürliche Entwicklung mit erwartbarer Geschwindigkeit. Alles andere als natürlich ist dagegen, die Beschleunigung des Sauerstoffabbaus in den letzten 100 Jahren. Allein in diesem Zeitraum nämlich sei es nach Angaben der Wissenschafter zu einer O2-Reduktion um 0,1 Prozent gekommen.

Der Grund dafür ist die Verfeuerung von fossilen Brennstoffen, die Sauerstoff aus der Atmosphäre bindet und dafür Kohlendioxid freisetzt. Kurioserweise war der Sauerstoffschwund in den 800.000 Jahren davor nicht von einer parallelen Zunahme des CO2-Gehaltes begleitet. Die Kohlendioxidmenge variierte vielmehr im Verlauf der unterschiedlichen Kalt- und Warmzeiten.

Selbstregulierender CO2-Abbau

Die Forscher erklären diesen Widerspruch mit möglichen Reaktionen zwischen freiliegenden Gesteinen und atmosphärischem Kohlendioxid, aus denen in der Vergangenheit Kalziumkarbonat hervor ging. Bei steigenden Temperaturen aufgrund des Treibhauseffekts wurde demnach mehr CO2 im Kalziumkarbonat gebunden und im Gegenzug schneller aus der Atmosphäre verbannt – ein selbstregulierender Vorgang also, der die CO2-Freisetzung in den vergangenen Jahrmillionen im Zaum hielt.

"Die Erde kann offenbar bei langfristigen Entwicklungen gut mit zusätzlichem Kohlendioxid in der Atmosphäre umgehen", meint Koauthor John Higgins. "Im Unterschied dazu setzt die Menschheit heute CO2 mit einer Geschwindigkeit frei, auf die die natürlichen geologischen Prozesse bei weitem nicht schnell genug reagieren können." (tberg, 4.10.2016)