Amsterdam – Der größte niederländische Finanzdienstleister ING streicht 7.000 Stellen und richtet sein Geschäft verstärkt nach dem Vorbild der deutschen Direktbank-Tochter ING-Diba aus. Mit dem Jobabbau werde die Belegschaft um knapp zwölf Prozent schrumpfen, teilte das Institut am Montag mit. Dafür soll mehr Geld in die Digitalisierung fließen, auch in Österreich soll das Onlinebanking ausgebaut werden.

Die größten Stellenstreichungen seit der staatlichen Rettung vor sieben Jahren sollten bis 2021 jährlich rund 900 Millionen Euro an Einsparungen bringen. Die Bank reagiere damit auf niedrige Zinsen und hohe Regulierungskosten. Doch der Umbau solle auch die Verlagerung des Kundengeschäfts ins Internet vorantreiben. Dafür seien Investitionen von 800 Mio. Euro geplant.

"Solche Programme und Vorhaben müssen aus einer Position der Stärke heraus angegangen werden", sagte Bankchef Ralph Hamers in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Die Geschäftsergebnisse und das Wachstum entwickelten sich gut. Umbauten seien deshalb jetzt sinnvoll, nicht erst, wenn es keine andere Wahl mehr gebe.

200 Mitarbeiter in Österreich

Dieser Flucht nach vorn werden den Angaben zufolge allein in Belgien 3.500 und in den Niederlanden 2.300 Stellen zum Opfer fallen. Kosten für Abfertigungen führen im nächsten Quartal zu einer Sonderlast von zwei Milliarden Euro. ING beschäftigt weltweit rund 52.000 Mitarbeiter, sodass die 7.000 Stellen rechnerisch ein Minus von fast 13,5 Prozent ausmachen. Fast 1.000 Arbeitsplätze fallen allerdings bei angeschlossenen Dienstleistern weg. In Deutschland hat die Bank nach eigenen Angaben rund 3.800 Mitarbeiter, bei der ING-Diba in Österreich sind es derzeit rund 200. Die hierzulande tätige Direktbank könne "das Strategy-Update aus Amsterdam nicht kommentieren".

Ihre Investitionen in die Digitalisierung planen die Niederländer in Österreich, Tschechien, Spanien, Italien und Frankreich. Dort will ING heimischen Platzhirschen vor allem mit Onlinebanking Marktanteile abnehmen – so wie es dem Konzern mit seinem reinen Internetgeschäft gelungen ist, der Deutschen Bank Kunden abzujagen. Bankchef Hamers erklärte, das Internetgeschäft starte inzwischen nicht nur in Nordeuropa, sondern überall durch. Online-Riesen wie Google und Facebook hätten die Erwartungen an das virtuelle Bankgeschäft in sämtlichen ING-Märkten erhöht.

Banken unter Druck

Mit ihren Plänen für einen Stellenabbau ist die ING zurzeit nicht allein. So stehen die großen europäischen Banken unter anderem wegen der niedrigen Zinsen derzeit immer mehr unter Druck. Vergangene Woche hatte die Commerzbank einen Jobkahlschlag angekündigt. Demnach sollen bis Ende des Jahrzehnts 9.600 Arbeitsplätze abgebaut und gleichzeitig 2.300 Jobs in Wachstumsfeldern neu geschaffen werden. (APA, Reuters, 3.10.2016)