Wien – Es ist eine unorthodoxe und doch sehr geeignete Form, einen Musiker zu porträtieren, ihn nicht ausschließlich in den Mittelpunkt, sondern in unterschiedliche Kontexte zu stellen. Dies unternimmt das Wiener Konzerthaus unter anderem mit seinem Zyklus für den Bassbariton Florian Boesch, der dessen Mitwirkung in Bachs "Johannes-Passion" und Beethovens 9. Symphonie ebenso umfassen wird wie Liederabende von Schubert bis Franui.

Den Auftakt des Porträts bildete eine Aufführung von Felix Mendelssohn Bartholdys Oratorium Elias mit Boesch in der Basspartie des Propheten – gewissermaßen eine Paraderolle für den Sänger, der hier die gesamte Differenzierungskunst, die er im Liedgesang kultiviert hat, einbrachte, um wortdeutlich und gewaltig die (Alp-)Traumszenen des Alten Testaments heraufzubeschwören.

Profiliert und unnuanciert

Ihm zur Seite standen mit Sopranistin Marlis Petersen und Tenor Michael Schade ähnlich profilierte Gestalter, wobei Schade Noblesse und Eindringlichkeit vereinte, während Petersen lichte, reine Höhen in makellos klare Phrasen einbrachte. Die vergleichsweise stark tremolierende, vokal eher schwere und herbe Altistin Christianne Stotijn ging da stimmlich eigene, gleichwohl expressive Wege.

Mit spürbarem und vor allem sichtbarem Einsatz agierte währenddessen Matthew Halls am Pult der Wiener Symphoniker, die prinzipiell keinen Wunsch übrig ließen. Doch trotz ausufernder Gestik des Dirigenten blieb die Interpretation seltsam unnuanciert – was dann teilweise auch auf die Solisten und leider auch auf die hervorragend einstudierte Wiener Singakademie zurückwirkte.

Während praktisch jeder Ton vorhanden war, ließ die Nuancierung deutlich zu wünschen übrig. Stattdessen standen oftmals dezidiert kontrastierende Phrasen lauwarm nebeneinander, wurden dynamische Vorschriften vielfach ignoriert und wichtige Akzentuierungen einfach unterlassen. Die Dramatik blieb somit streckenweise den Sängern und einzelnen instrumentalen Glücksfällen überlassen. (daen, 2.10.16)