Wien/Brüssel – Acht europäische Verkehrsminister, darunter Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ), rufen die EU-Kommission zu Maßnahmen für einen besseren Schutz der Beschäftigten im Straßengüterverkehr auf. Ein EU-Straßenverkehrspaket soll Anfang 2017 vorgelegt werden.

In einem gemeinsamen Brief an EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc fordern die Verkehrsminister diese Woche unter anderem, dass Lkw-Fahrer ihre wöchentliche Ruhezeit nicht mehr in der Fahrerkabine des Fahrzeugs verbringen dürfen sowie verstärkte und harmonisierte Kontrollen. Die EU-Kommission müsse zudem Maßnahmen setzen, um Aktivitäten von Briefkastenfirmen einzudämmen.

Unterzeichner sind neben Leichtfried auch Alexander Dobrindt (Deutschland), Francois Bellot (Belgien), Hans Christian Schmidt (Dänemark), Alain Vidalies (Frankreich), Graziano Delrio (Italien), Francois Bausch (Luxemburg) und Ketil Solvik-Olsen (Norwegen).

Ruhezeiten

Leichtfried kritisiert, dass Lkw-Fahrer oft prekären Arbeitsbedingungen ausgesetzt und von Ausbeutung betroffen sind. Dies wirke sich auch schlecht auf die Verkehrssicherheit aus. Zwar habe er Verständnis für nationale Alleingänge angesichts der Situation – Frankreich verbietet etwa seit 2014 das Verbringen der Wochenruhezeit in der Lkw-Fahrerkabine – doch ein europäisches Vorgehen wäre sinnvoller.

Zustimmung kommt von der heimischen Verkehrsgewerkschaft vida. "Der Abwärtstrend bei Sozialem und Entlohnung muss endlich gestoppt werden", kommentieren der stellvertretende vida-Vorsitzende, Roman Hebenstreit, und der Bundessekretär des vida-Fachbereichs Straße, Karl Delfs, den Brief der Verkehrsminister. Total übermüdete Lenker aus Ländern mit Niedriglohnniveau und in Österreich verbotener kilometerabhängiger Entlohnung würden oft 24 Stunden und länger quer durch Europa fahren und so für sich selbst und andere zum Sicherheitsrisiko werden. Aber auch Airlines, die ihren Sitz in billigere Länder verlagern, um gute Kollektivverträge zu umgehen, sind der Gewerkschaft ein Dorn im Auge. Die EU solle endlich auch die Anliegen der Beschäftigten in der Branche und nicht nur jene der übermächtigen Transportlobby hören, appellieren die beiden Gewerkschafter an die Verkehrskommissarin.

Für die Forderungen der Sozialpartner, Gewerkschaften und Mitgliedsstaaten sei die EU-Kommission bisher taub gewesen. Dafür habe sie absurderweise rechtliche Schritte gegen Frankreich und Deutschland angekündigt, weil diese Staaten ihre Mindestlohngesetze auf den Transportsektor anwenden.

Fahrtenschreiber

Kritik üben die Gewerkschafter am Sonntag in einer Aussendung auch an der "auffällig langen EU-Übergangsfrist bis 2035 für den Einbau sogenannter intelligenter Fahrtenschreiber in Lkw". Mit intelligenten Fahrtenschreibern, die alle drei Stunden ein Update über die Aufenthaltsorte von Lkws oder Bussen liefern, stünde ein brauchbares Instrument gegen Lohn- und Sozialdumping zur Verfügung. (APA, 2.10.2016)