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Pedro Sanchez ist wegen parteiinterner Streitigkeiten zurückgetreten.

Foto: Reuters

Vor der Zentrale der Sozialisten in Madrid gab es Proteste, drinnen brüllten sich die Delegierten fast zwölf Stunden lang an. Die Kritiker um die 17 am Mittwoch zurückgetretenen Vorstandsmitglieder der sozialistischen PSOE und die Anhänger des bisherigen Generalsekretärs Pedro Sánchez konnte sich nicht einmal auf eine Tagesordnung einigen.

Als die Versammlung dann nach Stunden doch noch beschloss, über den weiteren Fahrplan für einen Weg aus der Parteikrise abzustimmen, unterlag Sánchez. Der Chef der sozialistischen PSOE nahm den Hut. Ein kommissarischer Vorstand wurde in aller Eile eingesetzt. Dieser soll jetzt die PSOE wieder zusammenbringen und den Schaden begrenzen.

Trümmerhaufen PSOE

Leicht wird das nicht. Denn nach dem Streit ist vor dem Streit. Sánchez wurde abgesägt, weil er sich geweigert hatte, eine konservative Minderheitsregierung unter Mariano Rajoy per Enthaltung im Parlament zu ermöglichen. Die parteiinternen Kritiker wollen genau dies und müssen das jetzt innerparteilich durchsetzen und dann der Basis und den Wählern vermitteln. "Erst eine Regierung, dann die Probleme der Partei", erklärte Susana Díaz, Parteichefin im südspanischen Andalusien und Strippenzieherin beim Putsch gegen Sánchez. Sánchez hinterlässt einen Trümmerhaufen. Viele fragen sich, ob es das wert war. Denn der abgesägte Generalsekretär verfolgte keine grundlegend andere Politik als seine Kritiker. Sánchez, neoliberaler Wirtschaftsprofessor in Madrid, paktierte nach den Wahlen im Dezember mit den rechtsliberalen Ciudadanos (C's) und akzeptierte deren Wirtschaftsprogramm weitgehend. Es ist das gleiche Programm, das sich die konservative Partido Popular (PP) nun nach den erneuten Wahlen im Juni bei ihrem Pakt mit C'szu eigen machte.

Auf die Linkspartei Podemos, die eine Koalition mit dem Ziel, die Sparpolitik zu beenden, angeboten hatte, ging Sánchez im Winter gar nicht erst zu. Nach den Wahlen im Juni verteidigte er sein "Nein heißt Nein" – keine Unterstützung für Rajoy, ohne eine eigene Alternative aufzuzeigen.

Als Sánchez in den letzten Tagen plötzlich doch noch von einer Regierung des Wechsels mit Podemos redete, tat er dies, um seine Haut zu retten. Nach weiteren schlechten Wahlergebnissen in Galicien und dem Baskenland hätte nur sein Einzug in den Regierungspalast die Kritiker ausbremsen können, so kalkulierte Sánchez. Doch Díaz und ihre Regionalfürsten kamen ihm zuvor. Allein die theoretische Möglichkeit einer Regierungsbeteiligung von Podemos war ihnen zu gefährlich.

Spaniens Medien unterstützten den Sturz von Sánchez. So mancher Kommentator sieht die PP jetzt schon erneut an der Macht. Rajoy selbst geht nach dem Debakel bei den Sozialisten noch einen Schritt weiter. Er will sich nicht mehr nur mit seiner Wahl zum Regierungschef durch die PSOE-Enthaltung – die immer wahrscheinlicher wird – zufriedengeben. Er will jetzt eine aktive Unterstützung für den Haushalt, in dem weitere 10 bis 15 Milliarden Euro eingespart werden sollen, so die Vorgabe aus Brüssel. Die PSOE droht sich daran aufzureiben. (2.10.2016)