Neuer Standort für das Bundesnachrichtenamt: Die Maria Theresienkaserne

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Wien – Der Regierungsbeschluss vom Dienstag, mit dem sich die Koalition klar zu einem personellen und materiellen Ausbau der Geheimdienste bekannt hat, gibt deren schon länger geplanter Umgestaltung einen neuen Schub. Bisher waren einige Pläne auf Eis gelegt gewesen, weil unter den Ministern Norbert Darabos und Gerald Klug (beide SPÖ) ein Sparkurs von etwa 15 Prozent verordnet worden ist.

Auch wenn Budget- und Personalzahlen der Dienste traditionell nicht bekanntgegeben werden, so kann nun damit gerechnet werden, dass im Gegenteil in etwa gleicher Größenordnung expandiert werden kann.

Neuer Name, einheitlicher Standort

Für das Heeresnachrichtenamt (HNaA) bedeutet das, dass es in etwa einem Jahr in völlig neu adaptierte Räumlichkeiten in der Maria-Theresien-Kaserne in Wien Meidling (wo schon jetzt Teile des Amtes untergebracht sind) übersiedeln kann. Mit dabei: Ein modernes Kryptografie-Rechenzentrum, für das ein eigener, gegen äußere Störungen abgesicherter Keller gebaut worden ist. Kolportierte, aber nicht bestätigte Gesamtkosten: etwa 40 Millionen Euro.

Gleichzeitig wird das Amt neu gegliedert – und es bekommt auch einen neuen Namen: Als "Bundesnachrichtenamt" soll es der Auslandsnachrichtendienst der Republik sein und der Regierung stets aktuelle Lagebilder – etwa auch zu Migration oder Terrorgefahr – liefern können.

Militär behält das Sagen

Aber auch wenn die Bezeichnung "Heeres-" aus dem Titel verschwindet, bleibt die militärische Rolle des Vereins unangetastet: Das Amt bleibt dem Verteidigungsressort unterstellt – und für die Force Protection der im Ausland stationierten Soldaten zuständig. Überlegungen, den Auslandsnachrichtendienst dem Kanzleramt zu unterstellen, sind damit wohl endgültig vom Tisch.

Intern hat die Reorganisation (die erst 2025 völlig abgeschlossen sein soll) erhebliche Unruhe ausgelöst. Die FPÖ-nahe FGÖ-Bundesheergewerkschaft, die sich als Konkurrenz zur Gewerkschaft öffentlicher Dienst aufgestellt hat, hat in einem mehrseitigen Flugblatt, das dem Standard vorliegt, tiefe Besorgnis darüber geäußert, dass die strukturellen Änderungen Verschlechterungen für viele Bedienstete bringen könnten.

Vor allem einige Unteroffiziere, die bisher teilweise weit über ihrer Qualifikation liegende Leistungen erbracht haben, fürchten, zurückgestuft oder ausgebootet zu werden. Dem will der Dienstgeber dem Vernehmen nach durch das Angebot von Nachqualifizierung entgegenwirken: So sollen die Betreffenden etwa die Matura nachholen können. Denn am Ziel, den Dienst zu "akademisieren", wird festgehalten – schließlich brauche man angesichts der Bedrohungslage immer mehr qualifizierte Spezialisten. Und diese sind etwa im Bereich der IT-Sicherheit knapp und teuer.

Cyber Defence Center

Auf der Suche nach entsprechenden Talenten ist auch das für die innere Sicherheit des Bundesheeres zuständige Abwehramt (AbwA). Seine IT-Abteilung soll nun zum Cyber Defence Center des Bundesheeres ausgebaut werden. Sobald das HNaA aus dem Kommandogebäude General Körner ausgezogen ist, soll dieses generalsaniert werden – ab etwa 2018 sollen dem AbwA alle Räume des Hauses in der Hütteldorfer Straße zur Verfügung stehen.

Nukleus für das Cyber-Verteidigungszentrum ist die von Oberst Walter Unger geführte IKT-Sicherheitsabteilung des AbwA, die in den vergangenen Jahren schon mehrfach mit Experten aufgestockt wurde – einige davon Sieger der für Schüler und Studenten eingerichteten "Austria Cyber Security Challenge", die vom AbwA mitveranstaltet wird – verstärkt wurde. "Qualifiziertes Personal ist in ganz Europa Mangelware", sagt der Oberst.

Verschärfte Bedrohungslage

Unger berichtete am Donnerstag, dass sich die Bedrohungslage dramatsch verschärft habe – viele Sicherheitslücken könnten zwar einfach geschlossen werden, aber dafür fehle das Bewusstsein: "Man kann nachweisen, dass ein Einbruch in die IT-Struktur stattgefunden hat, aber man schließt die bekannten Lücken nicht. Das ist so, wie wenn man weiß, dass jemand Grippe hat, man gibt ihm aber kein Medikament und riskiert, dass er andere ansteckt."

Jeden Tag würden österreichische Unternehmen und Behörden zwischen 10.000 und 20.000 mal mehr oder weniger gezielt aus dem Internet angegriffen. Angriffsziele gebe es in ganz Österreich, betroffen sind neben Internet-Dienstleistern selbst häufig Energieversorger, Wasserversorger, aber auch Wetterdienste. Nur wenige Angriffe – wie jene auf A1 oder auf den Flughafen Wien – würden öffentlich bekannt.

Wenn öffentliche Einrichtungen von einem Angriff betroffen sind, könnten Cyber-Soldaten des Bundesheeres zu Hilfe kommen, "so wie Soldaten zu Hilfe gerufen werden können, wenn es darum geht, irgendwo Holz wegzuräumen", sucht Unger nach einer Analogie. Allerdings: Wenn es einen massiven Angriff auf Österreich geben sollte, dann würden alle Cyber-Soldaten zu dessen Abwehr und für "aktive Maßnahmen" benötigt. (Conrad Seidl, 29.9.2016)