Wir sind an einem gefährlichen Punkt angekommen: Russland und der Westen existieren praktisch in Parallelwelten, wo nicht mehr miteinander, sondern nur noch übereinander kommuniziert wird. Informationen und Argumente der Gegenseite werden von vornherein als falsch eingestuft – oder zumindest dem eigenen Publikum so verkauft.

Der Abschlussbericht über den Boeing-Abschuss, der, wie sich nun herausstellt, auch nur ein Zwischenergebnis darstellt, ist ein Paradebeispiel dafür: Russland beklagte sich im Vorfeld, dass Informationen aus Moskau von der Expertengruppe bewusst ignoriert worden seien. Freilich waren die "Beweise" aus Moskau durchaus widersprüchlich. So fehlte bei den nun präsentierten Radarbildern plötzlich jeder Hinweis auf ein ukrainisches Kampfflugzeug, das russische Radarbilder früher noch genau geortet haben wollen und das in Moskau zunächst als Schuldiger für den Abschuss galt.

Moskau revanchierte sich für die ungewohnt direkten Schuldzuweisungen der westlichen Experten nicht nur mit dem typischen Reflex, alles abzustreiten, sondern ging zum Gegenangriff über. In Moskau wird nun allen Ernstes darüber spekuliert, dass Amerikaner und Europäer ein Passagierflugzeug mit 300 eigenen Bürgern an Bord "verpulvert" hätten – nur um Russland zu diffamieren. Ein Dialog ist unter solchen Prämissen praktisch unmöglich. (André Ballin, 28.9.2016)