Wien – 750 Menschen versammelten sich vergangene Woche im Wiener Gartenbaukino, um mit Zero-Waste-Vorreiterin Bea Johnson über Abfallvermeidung zu diskutieren. "Die Veranstaltung war bereits ein paar Wochen vorher ausverkauft", sagt Helene Pattermann, Mitbegründerin von Zero Waste Austria. Sie sieht das steigende Interesse, zu Hause möglichst abfallfrei zu leben, als "Gegenbewegung zu dem Überfluss", in dem viele Menschen in Industrieländern leben können.

Für Pattermann selbst sei die Reduktion auf alles, "was man wirklich braucht und einem Freude macht", befreiend gewesen. So scheint es auch anderen Menschen in Wien zu gehen: Seit Mitte Juni wurden drei Monate lang im Rahmen des "Zero Waste Lab" in der Ankerbrotfabrik im zehnten Bezirk Workshops zu Upcycling veranstaltet, wurde über Abfallvermeidung diskutiert oder Bekleidung getauscht. Die Räumlichkeiten stellte die Caritas zur Verfügung. Rund 500 Besucher nutzten die Möglichkeit, um sich zu vernetzen oder zu einer Lebensumstellung inspirieren zu lassen.

Vor allem im Bereich Ernährung fällt viel vermeidbarer Abfall an. Greißler und Märkte sind eine Möglichkeit, unverpackte Produkte zu kaufen. "Es gibt für alle Sachen eine verpackungsfreie Alternative", ist Pattermann überzeugt. Oft ist dazu nur nötig, sich für einen Kaffee Zeit zu nehmen und ihn nicht im Wegwerfbecher mitzunehmen oder sich eine Jause zu Hause vorzubereiten. Das sei vor allem eine Sache der Gewohnheit, sagt Pattermann: "Wenn man konsequent ist, legt sich irgendwann ein Schalter um. Es ist schwieriger, wenn man es halbherzig macht."

Verbot von Plastikgeschirr

Frankreich setzt in Sachen Abfallvermeidung politische Maßnahmen. Nach dem Verbot von dünnen Plastiksackerln darf ab 2020 kein Einweggeschirr aus Plastik mehr angeboten werden. Das betrifft auch Kaffeeautomaten in Kantinen. Denn allein in Frankreich werden pro Jahr rund 4,7 Milliarden Plastikbecher weggeworfen, und nur ein Bruchteil wird recycelt.

In Österreich planen die Grünen einen Vorstoß auf politischer Ebene: Im Rahmen des Umweltausschusses am kommenden Dienstag werden sie zum Thema geplante Obsoleszenz – also eine vom Hersteller absichtlich verkürzte Lebensdauer von Produkten – den Maßnahmenkatalog "Reparieren statt wegwerfen" vorlegen. "In Österreich funktioniert die Abfallwirtschaft gut. Aber bei der Abfallvermeidung sieht es noch schlecht aus", sagt die grüne Klimasprecherin Christiane Brunner. Dabei steht die Vermeidung in der Hierarchie von Müll- und Ressourcenschonung ganz oben. "Wertvolle Ressourcen werden nicht im Kreislauf gehalten, sondern verbrannt", kritisiert Brunner. Das liege auch an der immer kürzeren Lebensdauer von Produkten.

Eine Idee im Maßnahmenkatalog ist zum Beispiel eine steuerliche Entlastung für Unternehmen, die Produkte reparieren oder reparierte Produkte verkaufen. Zudem soll eine Stärkung der Reparaturfähigkeit und Langlebigkeit durch verpflichtende produktspezifische Vorgaben im Rahmen der EU-Ökodesign-Richtlinie forciert werden. Dazu gehören etwa der einfachere Tausch von Akkus und die bessere Verfügbarkeit von Ersatzteilen.

Den Grünen fehlt weiters eine verpflichtende Information über die voraussichtliche Lebensdauer der Produkte. Bei Waschmaschinen würde das etwa die Waschzyklen betreffen. Auch die Verbesserung der Rahmenbedingungen von unabhängigen Reparaturdiensten ist eine Forderung des Katalogs. (july, 29.9.2016)