In der Nacht auf Mittwoch war der Zustand von Shimon Peres hoffnungslos geworden, in der Früh stellte sich der Sohn des früheren Staatspräsidenten im Tel Haschomer-Krankenhaus bei Tel Aviv den Mikrofonen. "Wir verabschieden uns heute in tiefer Trauer von unserem geliebten Vater, dem Haupt unserer Familie, dem neunten Staatspräsidenten Israels", sagte Chemi Peres, "Vater hat dem Staat gedient von dem Tag seiner Gründung bis zum letzten Tag."

Israels Fernseh- und Radiostationen strahlten lange Sondersendungen aus, Weggefährten und politische Gegner sprachen über Erinnerungen an den Mann, der immer wieder als "der Letzte der Titanen" der Gründergeneration bezeichnet wurde. Staatspräsident Reuven Rivlin, der Nachfolger von Peres im Amt, brach einen offiziellen Besuch in der Ukraine ab.

"Israel ohne Shimon Peres"

In Jerusalem trat die Regierung am Vormittag zu einer Trauersitzung zusammen. "Das ist der erste Tag des Staates Israel ohne Shimon Peres", sagte Premier Benjamin Netanjahu, "er war eine unserer größten Führungspersönlichkeiten, mit ihm ist eine Fülle von bedeutenden Errungenschaften verbunden."

Peres habe "einen gewaltigen Beitrag zur Stärkung unserer Sicherheit geleistet, im sichtbaren Bereich und in Bereichen, über die man besser schweigt", so Netanjahu, daneben habe Peres "nie aufgehört, nach dem Frieden zu streben und an den Frieden zu glauben – seine Hand war immer ausgestreckt zu einer historischen Aussöhnung mit unseren Nachbarn".

"Überlebensgroße Figur"

Der rechtskonservative Netanjahu war lange ein politischer Gegner von Peres gewesen, doch von 2009 bis 2014, als ihre Amtszeiten als Regierungs- bzw. Staatschef einander überschnitten, hatten sie gut kooperiert. Der Parlamentsvorsitzende Yuli Edelstein, der Netanjahus Likud-Partei angehört, sagte, Peres habe in Israel "alles gesehen, sich an allem beteiligt, alles gestaltet". Für Schelly Yachimowitsch, eine frühere Chefin der Arbeiterpartei, war Peres "eine überlebensgroße Figur".

Am Donnerstag wird der Sarg von Peres im Parlament aufgebahrt, damit die Bevölkerung Abschied nehmen kann. Die Beisetzung am Freitag in Jerusalem wird eine große logistische Operation, weil höchste Politprominenz erwartet wird. Unter Anderen haben sich die Präsidenten der USA, Deutschlands und Frankreichs sowie die deutsche Bundeskanzlerin angesagt. Über eine Teilnahme von Vertretern aus der arabischen Welt war zunächst nichts bekannt. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, 28.9.2016)