Wien – Geht es um Zukunft und Existenzberechtigung von Banken, reicht der Meinungsbogen weit. Da wird Mark Twain zitiert ("Die Nachrichten über meinen Tod sind stark übertrieben"), da wird die Erwartung geäußert, Banken "als zweitältestes Gewerbe der Welt" würden wohl ebenso wenig aussterben wie das älteste (also die Prostitution), ja, da werden sogar die Zehn Gebote thematisiert.

Den Dekalog bemühte der Chef der Raiffeisen Bank International (RBI), Karl Sevelda, am Montagabend im Kassensaal der Nationalbank, wohin der Finanz-Marketing-Verband (FMVÖ) zur Diskussion "Wozu überhaupt noch Banken? Österreichs Geldinstitute im Anpassungs- und Überlebensstress" geladen hatte; Medienpartner des FMVÖ ist der STANDARD.

"Nicht alles regulierbar"

Was denn eine wichtige Grundlage fürs Überleben sei, wurde Diskutant Sevelda gefragt, er antwortete, man müsse die Politik überzeugen, dass "nicht alles im Leben regulierbar ist, es wird immer etwas geben, das den Zehn Geboten überlassen bleibt". Der Gouverneur der Nationalbank (OeNB), Ewald Nowotny, hatte zuvor eben Twain zitiert, der Bankenexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) Franz Hahn hatte das "zweitälteste Gewerbe der Welt" ins Spiel gebracht.

Zukunftschancen billigt der OeNB-Chef der "pragmatischen Universalbank" zu, die zwar ihren Kunden auch Investmentbankprodukte anbietet, für sich selbst aber keine Handelsgeschäfte tätigt. Angesichts aktueller Zinskurven sei es aber schwierig, diese Funktionen zu erfüllen, räumte der Notenbankchef ein. Und, so Nowotny, Österreichs Institute müssten "hausgemachte Risiken" aus Fremdwährungskrediten, variabel verzinsten Krediten, aber auch aus ihrem hohen Personalstand "seriös abarbeiten".

Banken finanzieren Fintechs

Was das betrifft, zeigte sich Robert Zadrazil, Chef der Bank Austria (BA), sehr optimistisch. Die BA segelt gerade auf Sparkurs, der die Kosten-Ertrag-Relation von 80 auf 60 Prozent drücken soll. Für die Konkurrenz durch Fintechs sieht er sein Haus aber "außerordentlich gut" gerüstet. Man habe die nötige Infrastruktur und die Kunden, zudem gebe es "Dinge, die wir nicht selbst machen müssen". So habe die Unicredit ein Budget von 200 Millionen Euro, mit denen sie jene Fintechs finanziere, die die Gruppe mit "interessanten Entwicklungen" versorgen.

Fintechs als Gewinner

Als kritischster Diskussionsteilnehmer erwies sich Wirtschaftsforscher Hahn, der von "rasanten Veränderungen" für die Branche sprach. Er ist zwar sicher, dass die Dienstleistungen, die heute Banken erbringen, bestehen bleiben – wer sie erbringen wird, sei aber eine andere Sache. Dank neuer Technologien gehe "die Entwicklung in Richtung Atomisierung und Spezialisierung" der Tätigkeiten.

Wobei Hahn die Verantwortung dafür bei den Geldhäusern sieht: "Die Banken waren nicht bereit, Einsparungen an die Kunden weiterzugeben, da können nun die Fintechs den Markt aufrollen." Banken wie heute wird es laut Hahn "in 20, 30, 40 Jahren sicher nicht mehr geben. Unternehmen wie Google werden mit sehr viel ganz hartem Eigenkapital ins Geschäft kommen."

RBI-Chef Sevelda hält diese Gefahr für gering. "Glauben Sie, dass ein Land, das sich vor TTIP fürchtet, bereit ist, sein gesamtes Finanzwesen in die USA auszulagern?", konterte er dem Wirtschaftsforscher. Wo Sevelda das Atout seiner Branche sieht, Krise hin oder her: "Das Geldgeschäft ist und bleibt ein Vertrauensgeschäft." (gra, 27.9.2016)