Verhandelten am Montag die Abgrenzung der Zuständigkeiten ihrer Ministerien: Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil und Innenminister Wolfgang Sobotka.


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Wien – Große Aufregung um einen STANDARD-Bericht über die geplante Aufwertung des Bundesheeres und dessen Ermächtigung zu Einsätzen im Inneren: "Rot und Schwarz müssen sich einen Partner suchen, mit dem sie eine Verfassungsbestimmung beschließen können, nach der einer von den beiden unter dem künftigen Kanzler Strache dessen Weisungen umsetzen darf", spottet Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz.

Was die Koalition für Krisenfälle plane, sei ja "nicht bloß eine Richtlinienkompetenz der Art, dass der Bundeskanzler im Krisenfall anschaffen kann: 'Schaut, dass alles in Ordnung ist'".

Eingreifen bei Demonstrationen?

Vielmehr wolle die Regierung eine Handhabe zum – gegebenenfalls militärischen – Eischreiten in jeder denkbaren Notlage, "ob das Terrorismus ist oder irgendwelche Demonstrationen, das wissen wir nicht", sagt Pilz: "Dass der Begriff 'Notstand' zum Schlüssel für weitreichende Eingriffe gemacht wird, ist etwas, das sich nicht einmal Viktor Orbán so trauen würde."

Die Befürchtung von Pilz stützt sich auf die Pläne der sogenannten "Arbeitsgruppe Sicherheit", die heute, Dienstag, von der Koalition präsentiert und dann im Parlament in Gesetzesform gegossen werden sollen: In der Essenz geht es um ein staatliches Krisenmanagement in Notfällen – die Koalition will für diese Anlässe die Position des Bundeskanzlers stärken, um ein "Krisenkabinett" handlungsfähig zu erhalten.

Doskozil warb bereits im Februar

Für eine solche Krisensituation versucht Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) vorzubauen. "Inlandseinsätze haben infolge der anhaltenden Migrationsströme und des steigenden Risikos hybrider Konflikte sowie terroristischer Anschläge an Bedeutung gewonnen", heißt es in einem mit Februar 2016 datierten und im Juni dem Parlament übermittelten Papier mit dem Titel "Maßnahmen ÖBH 2018".

Die Abgrenzung zwischen polizeilichen Aufgaben (inklusive jenen des Verfassungsschutzes) und den militärischen (inklusive jenen der militärischen Dienste) in einer staatlichen Notsituation war in der Koalition noch am Montag Gegenstand intensiver Verhandlungen. Sowohl das Innen- als auch das Verteidigungsministerium – die die Verhandlungen federführend gestalten – dementierten überhaupt, dass es eine Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers geben werde.

Handlungsfähigkeit der Republik

Diese wäre aber im Falle eines Ausfalls von Teilen der kritischen Infrastruktur – also etwa einem flächendeckenden Blackout oder einem Internet-basierten Angriff auf das österreichische Banken- und Zahlungssystem – notwendig, um die Handlungsfähigkeit der Republik zu demonstrieren.

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) betonte am Montag, dass er bei den diskutierten Änderungen auf der Bremse stehe: "Die Minister sollen weiterhin im Rahmen des Bundesministeriengesetzes ihre Zuständigkeiten wahrnehmen. Eine Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers steht für mich nicht zur Debatte."

Das Verteidigungsministerium verhandelt aber noch in einer anderen Sache mit dem Bundeskanzleramt: Es geht um die künftige Bewertung der Spitzenpositionen. Was als rein besoldungstechnische Frage daherkommt, hat bedeutende Auswirkungen auf die tatsächlich einzunehmende Spitzenstruktur.

Nur Offiziere sollen Offizieren befehlen

Das Ministerium tritt insbesondere der vom Kanzleramt vertretenen Position entgegen, dass alle Posten, die überwiegend eine Verwaltungstätigkeit umfassen, mit Zivilisten zu besetzen wären. Vielmehr will man im Verteidigungsministerium jede mit Militärangelegenheiten befasste Führungsfunktion mit einem (Generalstabs-)Offizier besetzen, Auch die Funktion des Generalstabschefs soll erhalten, wenn nicht gar aufgewertet werden.

Doskozil-Sprecher Stefan Hirsch erklärt: "Der Generalstabschef bleibt Generalstabschef und hat selbstverständlich auch in Zukunft die militärische Führung inne. Es gibt nur einen Zivilisten, der das Ressort führt, und das ist der Bundesminister." (Conrad Seidl, 26.9.2016)