Bis dato konnten 164 Menschen gerettet und 166 Leichen nach der Bootstragödie vor Ägypten geborgen werden.

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Ein Friedhof mit vielen anonymen Gräbern, der den Namen Rasheed trägt – mehr Worte hat ein ägyptischer Illustrator nicht gebraucht, um die Tragödie zwölf Kilometer vor der Mittelmeerstadt Rasheed zu beschreiben. Tausende Menschen in den ärmsten Provinzen des Landes haben am Wochenende ihre Toten begraben, fast ausschließlich Jugendliche im Alter zwischen 15 und 22 Jahren. Von dem am Mittwoch gekenterten Boot konnten bisher 164 Menschen gerettet und 166 Leichen geborgen werden. Die Küstenwache sucht weiterhin nach Vermissten, deren Zahl nach wie vor unklar ist. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR spricht von 450 Flüchtlingen, die auf dem Unglücksschiff nach Italien gewesen sein sollen, darunter außergewöhnlich viele Ägypter, aber auch Sudanesen, Eritreer und Äthiopier. Die meisten der Geretteten wurden nach der Feststellung ihrer Personalien freigelassen.

Dutzende ägyptische Familien suchen noch nach ihren Angehörigen. Sie haben zum Teil wütend gegen die schleppenden Rettungsarbeiten der Behörden protestiert. Als das Boot sank, hatte es mehrere Stunden gedauert, bis erste Hilfe kam. In den Medien wurde viel Kritik an der Untätigkeit der Behörden gegen die Schlepper laut, die in letzter Zeit gezielt Kindermigration gefördert hatten.

Spätes Präsidenten-Statement

Ganze drei Tage hat sich Präsident Abdelfattah al-Sisi Zeit gelassen, bis er am Samstag den Verlust von Leben bedauert, aber keinen nationalen Trauertag angeordnet hat. Er gab Anweisungen an die Justiz, die Schuldigen des Verbrechens schnell vor Gericht zu bringen. Den Regierungschef forderte er auf, ein Komitee zu bilden, das die Sicherheitsmaßnahmen an den Land- und Seegrenzen gegen illegale Infiltration überprüfen soll. Zudem soll mit einer großangelegten Medienkampagne vor den Gefahren der illegalen Migration gewarnt werden.

Solche Anstrengungen gibt es bereits seit einigen Jahren. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) unterhält etwa fünf Informationszentren in den am meisten betroffenen Regionen und unterstützt die Ausbildung von Jugendlichen, damit sie für den Arbeitsmarkt im In- und im Ausland gerüstet sind. Die positiven Beispiele von den Tausenden, die es nach Italien geschafft haben, wirken aber stärker als jede Abschreckung. Laut jüngsten IOM-Zahlen sind heuer 300.000 Menschen über das Mittelmeer nach Europa gelangt, 3.501 sind auf dem Weg gestorben. (Astrid Frefel aus Kairo, 25.9.2016)