Damaskus – Nach dem verheerenden Angriff auf einen Lastwagenkonvoi mit Hilfsgütern in Syrien mit über 20 Toten bereiten die Vereinten Nationen weitere Transporte zur Versorgung notleidender Menschen vor. Zugleich kündigten die Vereinten Nationen am Mittwoch eine eigene Untersuchung des Vorfalls vom Montag an.

Nachdem die UN zunächst einen Stopp für alle Hilfsgütertransporte verfügt hatten, kündigten sie am Mittwoch baldige neue Hilfslieferungen an. Das teilte der das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) am Mittwochabend in Genf mit. "Die Vorbereitungen für diese Transporte sind jetzt wieder aufgenommen worden und wir stehen bereit, die Hilfe für belagerte und schwer erreichbare Gebiete so bald als möglich zu liefern", erklärte OCHA-Sprecher Jens Laerke.

Ban Ki-moon: "Energisch untersuchen"

Nach den USA und Russland wollten nun auch die Vereinten Nationen den tödlichen Zwischenfall überprüfen. "Ich schaue mir Möglichkeiten an, um diese und andere Gräueltaten gegen Zivilisten energisch zu untersuchen", sagte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon am Mittwoch in New York vor dem UN-Sicherheitsrat. Wer für den Angriff im Bezirk Orum al-Kubra mit rund 20 Toten verantwortlich war, bleibt vorerst weiter unklar.

Russland und die USA lieferten sich am Abend einen Schlagabtausch im UN-Sicherheitsrat. US-Außenminister John Kerry drängte seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow sichtlich verärgert dazu, die Verantwortung für den Angriff auf den Hilfskonvoi zu übernehmen. "Ich möchte wirklich eine Anerkennung der Verantwortung", sagte Kerry.

Lawrow: "Inakzeptable Provokation"

Der Angriff sei eine "inakzeptable Provokation" gewesen, sagte dagegen Lawrow. Russland bestehe auf einer "eingehenden und unabhängigen Untersuchung". "Ich denke, dass wir von emotionalen Reaktionen und sofortigen öffentlichen Kommentaren absehen sollten und anstelle dessen zuerst untersuchen und sehr professionell sein sollten", sagte Lawrow. Er habe sich bei Lawrows Darstellung "wie in einem Paralleluniversum" gefühlt, entgegnete Kerry.

Das russische Militär hat zum Zeitpunkt des Angriffs auf den UN-Konvoi nach eigenen Angaben ein unbemanntes Flugzeug der US-geführten Koalition in der Nähe geortet. Eine Drohne vom Typ Predator sei vom Stützpunkt Incirlik in der Türkei aufgestiegen, sagte Generalmajor Igor Konaschenkow in Moskau.

Das Pentagon dementierte die Darstellung des russischen Militärs umgehend. "Weder ein bemanntes noch ein unbemanntes Flugzeug der USA oder der Koalition war in der Nähe von Aleppo", sagte ein Sprecher des Pentagons. Ein US-Vertreter, der anonym bleiben wollte, ergänzte, zum Zeitpunkt des Angriffs hätten sich zwei russische SU-24-Bomber im Luftraum der Region aufgehalten.

Putin weist Verantwortung von sich

Im Gespräch mit dem deutschen Wirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel wies der russische Präsident Wladimir Putin am Mittwochabend jede Verantwortung Moskaus für den Zwischenfall zurück. Putin habe dafür mehr Engagement der USA in dem vom Bürgerkrieg zerrütteten Syrien gefordert. Russland wünsche sich, dass auch die Vereinigten Staaten dazu bereit seien, Waffenstillstandsabkommen oder solche Konvois mit eigenen Kräften zu kontrollieren, sagte Gabriel nach dem Treffen in Moskau.

In New York kommt am Donnerstagnachmittag Ortszeit erneut die Syrien-Unterstützegruppe zu neuen Beratungen zusammen. Wie die russische Agentur Interfax weiter berichtete, wurde das ursprünglich für Freitag anberaumte Treffen um einen Tag vorgezogen. Die Vertreter der 23 Staaten wollen dabei das weitere Vorgehen nach dem Scheitern der jüngsten Waffenruhe erörtern. (APA/dpa, 22.9.2016)