In der Seestadt Aspern leben mittlerweile 6.100 Menschen. Bis zum Jahr 2020 sollen 4200 Bewohner dazukommen. Dann könnte die weitere Entwicklung aber stocken, sollte die Stadtstraße nicht gebaut werden.

Foto: Christian Fischer

Wien – Es tut sich etwas in der Seestadt Aspern, dem rot-grünen Prestigeprojekt der Wiener Stadtregierung in Sachen moderner Stadtentwicklung. Fast genau zwei Jahre nachdem die ersten Bewohner in den östlichen Stadtteil jenseits der Donau, am Rande des Marchfelds, eingezogen sind, leben in der Seestadt bereits 6.100 Menschen. 120 Betriebe haben sich aktuell angesiedelt, die rund 2.000 Arbeitsplätze anbieten. Es gibt den namensgebenden See, drei Parks, einen Bildungscampus für 800 Kinder und etwa 200 private Kindergartenplätze.

Bis zum Jahr 2020 sollen am großräumigen Areal Wohnungen für weitere 4.200 Bewohner sowie 3.200 Arbeitsplätze geschaffen werden, sagt Heinrich Kugler, Vorstand der wien 3420 aspern development AG. In dem schon in Bebauung befindlichen Seeparkquartier soll bis 2018 auch das mit 84 Metern höchste Holzhochhaus der Welt errichtet werden.

20.000 Einwohner im Vollausbau

Laut Stadt Wien ist geplant, dass im Vollausbau bis 2028 mehr als 20.000 Menschen in der Seestadt leben, dazu soll es bis zu 20.000 Arbeitsplätze geben. Dieser Plan ist aber gefährdet: Denn die Entwicklung des Areals ab dem Jahr 2020, wo im Norden des neuen Stadtteils gebaut werden soll, hängt an der Realisierung der sogenannten Stadtstraße. "Wenn die Stadtstraße nicht kommt, steht die Seestadt Aspern. Jegliche Verzögerungen behindern alles", sagt Ernst Nevrivy, Bezirkschef in der Donaustadt, dem STANDARD.

Die Stadtstraße soll die Autobahn A23 bei Hirschstetten mit der (noch auszubauenden) S1 verbinden. Die Bewohner der Seestadt sind wie die übrigen Bezirksanrainer laut Nevrivy von diesem Verkehrsprojekt abhängig. Aktuell befindet sich die Stadtstraße in der öffentlichen Auflage, sie wird im UVP-Verfahren geprüft. Geplant ist ein Baustart 2018.

Vassilakou gegen Lobautunnel

Das Problem dabei: Laut Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) kann die Stadtstraße nur in Verbindung mit dem Lobautunnel (als Teil der S1-Verlängerung ab dem Knoten Schwechat in Richtung Süßenbrunn) gebaut werden. Vassilakou spricht sich aber gegen den umstrittenen Tunnelbau durch den Nationalpark aus. Das Bundesverwaltungsgericht prüft aktuell in zweiter Instanz den UVP-Bescheid. Am Mittwoch kündigte Vassilakou an, "im Laufe des Herbstes" Alternativen präsentieren zu wollen. "Ungeachtet dessen gilt es abzuwarten, wie das Bundesverwaltungsgericht entscheidet" , sagte sie.

Was Vassilakou zum Lobautunnel sagt, "das ist mir egal", sagt hingegen Donaustadt-Bezirkschef Nevrivy. Für ihn ist der Tunnel "die einzige Möglichkeit". Auch für Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) steht der Lobautunnel "an oberster Stelle", sagte er. Die Wirtschaftskammer und die ÖVP drängen ebenfalls auf den Tunnelbau.

Zufriedene Seestädter

Die zukünftige Entwicklung der Seestadt Aspern ist laut Nevrivy direkt vom Lobautunnel abhängig. Die bisherigen Bewohner der Seestadt sind unabhängig davon mit der Wohnqualität zufrieden, sagte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) im Rahmen einer Studienpräsentation am Mittwoch. 82 Prozent der 467 Befragten wohnen demnach gern in der Seestadt. Die Studie wurde im Zeitraum April bis Oktober 2015 durchgeführt. Bei der Wien-Wahl 2015 dominierten im rot-grünen Vorzeigeprojekt aber die FPÖ-Wähler. (David Krutzler, 21.9.2016)