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Gerwald Claus-Brunner trug auch im Plenum Latzhose und Tuch.

Foto: REUTERS/Thomas Peter

Berlin – Im Internet zählt die deutsche Piratenpartei zu den mitteilungsfreudigsten Parteien. Ob Website, Twitter, Facebook – Interessierte werden immer auf dem Laufenden gehalten. Doch nun ist auf der Seite der Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus Folgendes zu lesen: "Hier stand ein Nachruf für Gerwald Claus-Brunner. Angesichts neuer Erkenntnisse haben wir den Text entfernt. Wir bitten um Verständnis, dass wir uns nicht weiter äußern können und werden."

Zu schrecklich ist das Geschehen der vergangenen Tage. Am Montag ging bei den Piraten ein Schreiben des 44-jährigen Claus-Brunner ein, in dem er ankündigte, er werde schon tot sein, wenn der Brief an seinen Adressaten käme. Die Piraten verständigten daraufhin die Polizei, diese öffnete die Wohnung von Claus-Brunner und fand ihn sowie einen zweiten Mann tot vor.

Gezielter Stromschlag

Die Bestürzung war groß, man ging davon aus, dass sich "Faxe", wie der Zweimetermann genannt wurde, aufgrund einer unheilbaren Krankheit selbst getötet hatte. Zumindest hatte er gegenüber Parteifreunden erklärt, er habe nur noch ein Jahr zu leben.

Doch mittlerweile zeigt sich ein anderer Tathergang. Laut Polizei suchte Claus-Brunner, der gar nicht krank war, in der Vorwoche seinen Bekannten, den 29-jährigen Jan L., in dessen Wohnung in Berlin-Wedding auf und tötete ihn dort. Dann schaffte der gelernte Mechatroniker die Leiche per Sackkarre und Auto in seine eigene, 15 Kilometer entfernte Wohnung in Steglitz, wo er seinem Leben mit einem gezielten Stromschlag ein Ende setzte. In einem Brief an einen Parteikollegen soll Claus-Brunner den Mord gestanden haben.

Medien berichten, dass Claus-Brunner den jungen Mann zuvor gestalkt habe. Laut Spiegel online nimmt der Pirat in seinem letzten Tweet am Freitag, 16. September, Bezug auf Jan L. Er veröffentlichte ein Foto von ihm und schrieb dazu: "Meine Liebe, mein Leben, für dich lieber Wuschelkopf, für immer und ewig!" Wenige Stunden zuvor hatte er mitgeteilt: "Echter Kacktag heute, übertrifft sämtliche schlechten tage die ich je erlebt hatte bisher. Hoffe das Wochenende machts besser."

Immer in der Latzhose

Claus-Brunner, der sich selbst als "95 Prozent schwul und fünf Prozent hetero" bezeichnete, war eine der auffälligsten Piraten. Er trug immer Latzhose und Palästinensertuch. 2011 war er ins Berliner Abgeordnetenhaus eingezogen. In der Fraktion allerdings war er wegen verbaler Attacken auf Mitarbeiter und Kollegen rasch isoliert, ein Ausschluss aus der Fraktion aber scheiterte.

Als er im Juni seine letzte Rede im Landesparlament hielt, kündigte er seinen Suizid wohl an, als er sagte: "Und ihr werdet auch in der laufenden Legislatur für mich am Anfang irgendeiner Plenarsitzung mal aufstehen dürfen und eine Minute stillschweigen." Die Piraten schafften am Sonntag den Wiedereinzug in den Landtag nicht, sie erhielten nur noch 1,7 Prozent. (bau, 21.9.2016)