Wien -Wer könnte uns besser als Park Chan-wook vorführen, dass es nicht immer unangenehm sein muss, wenn an den Zähnen herumgedoktert wird? In Oldboy, seinem ersten internationalen Erfolg, führte der südkoreanische Regisseur schließlich 2003 mit lautem Geknirsche vor, wie ein Hammer zur multiplen Extraktion gesunder Beißerchen herangezogen wird. In The Handmaiden erfolgt nun die Wiedergutmachung, wie beim heurigen Slash-Filmfestival (22. September bis 2. Oktober) im Wiener Filmcasino zu sehen ist.

In "The Handmaiden" von Parl Chan-wook wird das Täuschungsspiel um die Gunst einer reichen Erbin nach Südkorea verlegt. Auf die Heldin wartet die Irrenanstalt.
Foto: Slash Film Festival

Inspiriert von Sarah Waters Roman Solange du lügst, zieht darin die junge Sokee in ein geheimnisvolles Anwesen, um die darin von ihrem Onkel bewachte Hideko, ihres Zeichens Erbin eines großen Vermögens, als Dienstmädchen zu umsorgen.

Liebevolles Zahnfeilen

Hinter Sokee steht jedoch ein Trickbetrüger, dem sie dabei helfen soll, erst Hidekos Herz und Hand zu gewinnen und diese anschließend in einer Irrenanstalt dauerzuparken. Als Hideko, in der Badewanne liegend, über einen spitzen Zahn klagt und Sokee diesen liebevoll abfeilt, entstehen zwischen den beiden allerdings Gefühle, die über das Dienstliche hinausgehen und bisherige Ränke zweitrangig machen.

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Park verlegt die Handlung der Vorlage ins von Japan besetzte Korea der 1930er-Jahre und erleichtert sie zugleich um ein paar Volten. Erhalten bleibt die Dreiteilung des Werks, das seine Geheimnisse auch durch das Zeigen identischer Szenen aus verschiedenen Blickwinkeln erst nach und nach enthüllt. So wird The Handmaiden zu einem prachtvoll ausgestatteten Spiel der Spiegelungen, Fälschungen und doppelten Böden. Lediglich im letzten Akt erscheint die Darstellung von Sex und Gewalt primär auf die Befriedigung des voyeuristischen Blicks ausgerichtet.

Ein Tröpfchen Blut oder eine kleine Abartigkeit hat aber freilich noch nie geschadet, um ins Programm des Festivals des fantastischen Films zu kommen. Unter über 40 Arbeiten, einmal mehr ergänzt um ein umfangreiches Rahmenprogramm von Branchendiskussion bis Party-Freakout, tummelt sich auch heuer wieder genug Gegensätzliches zur stilvollen Opulenz und Raffinesse von Parks Werk.

Bizarre Späße

Yûichi Fukudas Hentai Kamen: Abnormal Crisis etwa, das bereits zweite Abenteuer des vielleicht perversesten Superhelden Japans. Zu diesem mutiert Student Kyosuke immer dann, wenn er einen Damenslip über sein Gesicht zieht, um anschließend allerlei Bösewichte gegen sein Gemächt zu drücken und so zu neutralisieren. Ein bizarrer Spaß, der mit ganz eigenen Maßstäben bewertet werden will.

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Vertrauter mutet die italienische Produktion In fondo al bosco an. Im Fassatal ist gerade der Krampuslauf in vollem Gange, als der kleine Tommi spurlos verschwindet.

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Fünf Jahre später taucht er wieder auf, doch mehr und mehr Dorfbewohner hegen Zweifel. Ist es wirklich Tommi oder nicht doch eher der Leibhaftige? Regisseur Stefano Lodovichi spielt mit den Klischees des Horrorfilms – vom alarmschlagenden Hund über den Priester bis zum Dorftrottel – und letztlich auch mit seinem Publikum. Manchmal glaubt man schließlich lieber an den Teufel als an die Grausamkeit der Leute von nebenan. (Dorian Waller, 22.9.2016)