Skopje/Prishtina – Die drei Damen sind für manche die größten Heldinnen der Nation, andere fürchten wegen der Staatsanwältinnen um ihre Karriere und Reputation. Vergangene Woche hat die mazedonische Sonderstaatsanwaltschaft die ersten beiden Anklagen formuliert.

Es geht um Korruption auf höchster politischer Ebene. Durch die Veröffentlichung von abgehörten Telefonaten wurde im Vorjahr publik, dass die regierenden politischen Eliten Wahlen gefälscht, die Justiz und die Verwaltung unter ihre Knute gebracht und Gegner mit übelsten Methoden bekämpft hatten.

Die EU setzte eine Sonderstaatsanwaltschaft zur Aufklärung der Verbrechen durch. Die erste Anklage richtet sich gegen 14 Personen. Namen wurden zwar nicht genannt, in den Fall involviert ist aber auch Ex-Premier Nikola Gruevski, der von 2006 bis 2016 regierte. Der Hintergrund: Im Jahr 2013 wurde das Gebäude des neu gewählten Bürgermeisters der Innenstadt von Skopje, Andrej Zernovski, von einem Mob angegriffen. Fenster zerbrachen, eine Person wurde verletzt, der Bürgermeister musste evakuiert werden.

"Fünf oder sechs Schläge"

Aus den abgehörten Telefonaten geht – so der Verdacht – hervor, dass Premier Gruevski selbst Transportminister Mile Janakieski aufgefordert hatte, Zernovski zu attackieren. "Ich denke, dass er fünf oder sechs Schläge vor den Kameras am Freitag abbekommen soll", ist darauf eine Stimme, die Gruevski zugeordnet wird, zu hören. Janakieski antwortet darauf: "Wir können so ein Szenario arrangieren." Gruevski selbst behauptet, die Abhörprotokolle seien von ausländischen Geheimdiensten produziert worden.

Die zweite Anklage bezieht sich auf die Zerstörung von Abhör-Dokumentationen bei der Geheimpolizei. Die Verfahren sind brisant, kommen sie doch vor den Parlamentswahlen, die nach mehreren Verschiebungen nun am 11. Dezember stattfinden sollen.

Auch im Nachbarstaat Kosovo haben die EU und die USA mit viel Druck erreicht, dass ein Sondergericht für Kriegsverbrechen geschaffen wurde. Chefankläger ist der Amerikaner David Schwendiman. Bisher wurden nur wenige Verbrechen von Angehörigen der Kosovo-Befreiungsarmee UÇK aufgeklärt, weil es zu wenig Zeugenschutzprogramme gab. Es geht um Morde, Entführungen und illegale Gefangennahme. Der Sitz des Gerichts befindet sich in Den Haag, das niederländische Parlament muss es deshalb noch bewilligen. (awö, 19.9.2016)