In seinem berühmten Science-Fiction-Roman The Time Machine beschrieb der britische Schriftsteller H. G. Wells 1895 eine Zeitreise in die Zukunft, die mittels einer Zeitmaschine ausgeführt wird. Der deutsche Autor Carl Grunert schrieb dreizehn Jahre später eine Fortsetzung, in der ein junger Mann Wells' Zeitmaschine wiederfindet und damit in die Vergangenheit reist.

Eine solche Reise in eine trostlose Vergangenheit schlug kürzlich der tschechische Staatspräsident Zeman beim Prager Treffen mit dem FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Hofer vor, indem er für Österreich die Mitgliedschaft in der Visegrád-Gruppe der ehemals kommunistischen Staaten – Polen, Slowakei, Tschechien und Ungarn – befürwortete. Hofer war begeistert, und am Samstag sprach sich in einem Interview sein Parteichef und möglicherweise künftiger Bundeskanzler sogar für "einen Antrag zur Aufnahme in die Visegrád-Staaten" aus.

Ganz abgesehen von den von diversen EU- und Uno-Institutionen wiederholt kritisierten Maßnahmen zur Beschneidung rechtsstaatlicher Kompetenzen und individueller Freiheitsrechte vor allem in Polen und Ungarn, sollte man die wirtschaftlichen Fakten einmal unter die Lupe nehmen. So kündigte zum Beispiel der wegen eines Korruptionsskandals umstrittene Nationalbankchef György Matolcsy in Budapest das "realistische" Ziel an, Österreich in 25 Jahren einzuholen. Derzeit ist die Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung in Österreich noch immer fast zweimal so hoch wie in Ungarn. Gemessen an der Kaufkraftparität kalkuliert man, dass Ungarn einen jährlichen Vorsprung von 5,4 Prozent (!) brauchen würde, um Österreich im Jahr 2040 einzuholen. Nur durch die jährlichen Milliardentransfers aus Brüssel kann der Schein der Wirtschaftserfolge überhaupt aufrechterhalten werden. Kein Wunder, dass über 400.000 junge Ungarn in Deutschland und Österreich, Großbritannien und in anderen EU-Staaten Stellen suchten und fanden.

All das ändert nichts an der Tatsache, dass der ungarische Ministerpräsident Orbán, der einzige Regierungschef in der EU ist, der von der internationalen Flüchtlingskrise politisch profitiert hat. Durch seine harte Abschottung Ungarns gewann er nicht nur die mehrheitliche Unterstützung der Bevölkerung. Die allgemein negative Reaktion auf den Vorstoß des luxemburgischen Außenministers Jean Asselborn zum Ausschluss Ungarns aus der EU war eine dramatische Bestätigung dafür, dass Orbán nicht nur aus der internationalen Isolierung der Jahre 2012- 13 ausgebrochen ist, sondern es gelang ihm auch, sich zu einem ernst zu nehmenden Gegenspieler Angela Merkels zu stilisieren, als der Architekt eines Blocks der angeblichen "Opfer" der supranationalen Globalisierung. Dass Orbán kürzlich erfolgreiche Besuche in den "Frontstaaten" Bulgarien und Serbien absolviert hat und von Paris bis Wien von den rechtsextremen Parteien hofiert wird, bestätigt den aus dem Kreml wohlwollend betrachteten Vormarsch der Nationalpopulisten. Or- bán und sein gleichgesinnter polnischer Freund Jaroslaw Kaczynski sind erfolgreiche Totengräber jener liberalen Demokratie, die das Wirtschaftswunder und die Stabilität des Westens ermöglicht hat. (Paul Lendvai, 19.9.2016)