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Ella Pamfilowa präsentiert erste Ergebnisse.

Foto: REUTERS/Sergei Karpukhin

Einiges-Russland-Parteichef Dmitri Medwedew und Präsident Wladimir Putin freuen sich über den Erfolg der Kremlpartei.

Moskau – Die Kremlpartei Einiges Russland stellt im neuen russischen Parlament mehr als drei Viertel aller Abgeordneten. Die Partei komme auf 343 der 450 Mandate, teilte die Zentrale Wahlkommission am Montag in Moskau mit. Dem vorläufigen Ergebnis nach kommen die Kommunisten auf 42 Sitze, die nationalistischen Liberaldemokraten auf 41 und die Partei Gerechtes Russland auf 21.

Die Parteien Rodina und Bürgerplattform sowie ein unabhängiger Kandidat errangen je ein Direktmandat. Die Wahlbeteiligung wurde mit 47,81 Prozent angegeben und lag damit deutlich niedriger als 2011 (60,21 Prozent – vor allem in den Großstädten war die Wahlbeteiligung gering.

Neue Direktmandate

Für die Parlamentswahl hat sich Russland ein sogenanntes Grabenwahlsystem gegeben. Eigentlich soll dieses System kleine und lokale Parteien begünstigen. Unter russischen Bedingungen ist genau das Gegenteil passiert: Die Kremlpartei Geeintes Russland erhielt eine Dreiviertelmehrheit in der Staatsduma.

Jeder Wähler hatte zwei Stimmen. Die eine Hälfte der Mandate wird in Wahlkreisen vergeben (Mehrheitswahl), die andere Hälfte geht an Parteilisten (Verhältniswahl). Während in Deutschland bei Wahlen zum Bundestag beides miteinander verrechnet wird, werden in Russland beide Wahlen getrennt gezählt – es liegt ein Graben dazwischen.

Einiges Russland gewann somit 203 der 225 Direktmandate. Dazu kam noch eine Mehrheit der 225 Listenmandate. Der Amtsbonus, mit dem die russische Staatsmacht der eigenen Seite nachhilft, kam doppelt zum Tragen. Ein Grabenwahlsystem gilt unter anderem auch in der Ukraine, Georgien, Japan und Thailand.

Proteste nach Wahl 2011

Ehrliche Wahlen hatte Wahlleiterin Ella Pamfilowa den Russen in diesem Jahr versprochen. Die Bürgerrechtlerin war vom Kreml eingesetzt worden, um ein Zeichen zu setzen, nachdem die von zahlreichen Manipulationsvorwürfen überschattete Duma-Wahl 2011 zu Massenprotesten führte. Doch Pamfilowa hat bei ihrer Premiere mehr zu tun bekommen, als ihr lieb sein dürfte: Gleich aus mehreren Regionen kamen Meldungen über ernsthafte Verstöße.

In der sibirischen Region Altai stellten Vertreter der eigentlich als kremlnah geltenden Partei Gerechtes Russland mutmaßliche Mehrfachwähler bei deren Instruktion zugunsten der größeren Kremlpartei Einiges Russland. Einige der Verdächtigen wurden von der Polizei festgenommen. Laut Medien und Opposition wurden aber nicht alle "Karussells" unterbunden. Pamfilowa beauftragte das Innenministerium mit Ermittlungen und drohte im Notfall mit einer Wahlannullierung in dem Gebiet.

Im südrussischen Gebiet Rostow geht die Wahlkommission derweil Berichten über einen massenhaften Einwurf von Wahlzetteln in die Urnen nach. Pamfilowa verwahrte sich allerdings gegen Vorwürfe, dass die Wahlfälschungen landesweit gebräuchlich seien. Gerade in Moskau sei die Wahlbeobachtung sehr streng, sagte sie.

Geringe Wahlbeteiligung

In der russischen Hauptstadt verlief die Wahlbeteiligung allerdings insgesamt sehr schleppend. Während sowohl Kremlchef Wladimir Putin als auch Premier Dmitri Medwedew, der nominal das Einiges Russland bei den Wahlen anführt, bereits am Vormittag abstimmten, hatten bis kurz vor Schließung der Wahllokale nur rund 30 Prozent der Moskauer abgestimmt, in St. Petersburg waren es sogar noch etwas weniger. Auch landesweit blieb das Ergebnis unter den 60 Prozent, die 2011 zur Wahl gegangen waren.

Über dem Durchschnitt lagen traditionell die russischen Kaukasusrepubliken und einige sibirische Regionen. Tschetscheniens Führer Ramsan Kadyrow, der dem Kreml bereits vor fünf Jahren in "seiner Republik" eine Wahlbeteiligung von 98,6 Prozent (und ein Ergebnis von 99,5 Prozent) sichergestellt hatte, zeigte sich so erfreut über die "aktive" Beteiligung, dass er gleich einen Tanz im Wahllokal aufführte. Kadyrow schloss aber zumindest ein Ergebnis von 100 Prozent in diesem Jahr – wegen der Teilnahme vieler Tschetschenen an der islamischen Pilgerfahrt Haddsch – aus.

Putin und Medwedew zeigten sich dennoch mit den Resultaten zufrieden: "Die Wahlbeteiligung ist nicht die höchste im Vergleich zu früheren Wahlen, aber sie ist hoch", sagte Putin. Trotz schwerer Zeiten hätten die Russen verantwortungsvoll gehandelt, fügte er hinzu. Auch Medwedew feierte den Wahlsieg: "Ich möchte allen Bürgern danken, die heute ihre Bürgerpflicht erfüllt haben und zur Wahl gegangen sind, wobei ein Großteil für unsere Partei gestimmt hat", sagte Medwedew. Einiges Russland werde in der Duma weiterhin die absolute Mehrheit behalten, gab sich der Premier überzeugt. (red, André Ballin aus Moskau, 18.9.2016)