Im März besuchten Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon und seine Gattin Yoo Soon-taek ein Flüchtlingslager in der Nähe der jordanischen Stadt Mafraq.

Foto: APA/UNHCR/NASREDDINE TOUAIBI

New York / Genf – Der kleine Bursch floh mit seiner Familie in die kargen Berge. Er drehte sich um, er sah sein Dorf in Flammen. "Unser Leben verbrannte", erinnert sich Ban Ki-moon an seine Kindheit im Koreakrieg (1950-1953). Der 72-jährige UN-Generalsekretär ist noch bis Ende des Jahres im Amt, und in dieser Zeit will er sich noch einmal für die weltweit mehr als 65 Millionen Flüchtlinge starkmachen. Angesichts der schleppenden Unterstützung vieler Regierungen für die Opfer von Unterdrückung und Gewalt warnt Ban vor einer "Krise der Solidarität".

Ban hofft auf den UN-Gipfel für Flüchtlinge und Migranten am Montag in New York, bei dem dutzende Staats- und Regierungschefs erwartet werden. Einen Tag später lädt US-Präsident Barack Obama zu einer weiteren Konferenz bei den UN über das Los der Vertriebenen ein. Beide Treffen haben das Ziel, konkrete Hilfen für Flüchtlinge zu mobilisieren.

Doch drohen die Veranstaltungen als wortreiche Stelldicheins ohne Wirkung zu verkommen. "Wir wissen schon, dass der Gipfel zu einem erbärmlichen Scheitern verurteilt ist, und das Obama-Treffen wird die Sache wahrscheinlich nicht besser machen", sagt Salil Shetty, Generalsekretär von Amnesty International.

Der Pessimismus scheint begründet, bereits im Mai präsentierte Ban die Grundzüge eines globalen Pakts. Alle UN-Mitgliedsländer sollten pro Jahr mindestens zehn Prozent aller Flüchtlinge umsiedeln – für ein Leben frei von Gewalt und Elend.

Umsiedlungsplan gestrichen

Der UN-Generalsekretär wollte damit Staaten wie Jordanien und der Türkei entgegenkommen, die einen Großteil der Flüchtlinge beherbergen. Doch im Sommer stutzte eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten die Ban-Vorlage zurecht. Es blieben nur zahnlose Formulierungen übrig, und die wichtigste Forderung der Flüchtlingsumsiedlung wurde komplett gestrichen. Die einflussreichsten Länder wie die USA, Russland, China, Indien und die EU-Staaten hatten sich in seltener Einmütigkeit gegen die Zehn-Prozent-Regel zusammengeschlossen.

Der zerrupfte Plan soll nun als "New Yorker Deklaration" auf dem UN-Gipfel verabschiedet werden. Zwar versichert die UN-Sonderberaterin für den Gipfel, Karen AbuZayd, sie sei "sehr zufrieden" mit dem Text. Externe Beobachter sehen das jedoch anders. Es gebe "ernste Zweifel", ob die Konferenz die nötigen Antworten auf die Flüchtlingskrise finden werde, erklärt Akshaya Kumar von Human Rights Watch. Schärfer formuliert es Amnesty-Generalsekretär Shetty: "Der Gipfel wurde von Staaten aus Selbstinteresse sabotiert."

Rolle von Obama

Ob US-Präsident Obama auf seinem Gipfel den Staatenlenkern neue Zusagen für eine Umsiedlung von Flüchtlingen oder Gelder für humanitäre Hilfe abringen kann? An dem Treffen sollen laut US-Regierung jene Länder teilnehmen, die in diesem Jahr bereits Zusagen für die Flüchtlingshilfe gemacht haben. Deutschland ist einer der weiteren Organisatoren der Konferenz. Diplomaten dämpfen aber die Erwartungen, da Obama bald aus dem Weißen Haus ausziehen werde. "Die Staatschefs können jetzt viel versprechen, Obama kann sie aber nicht mehr lange als US-Präsident zur Einhaltung ermahnen", erklärt ein Diplomat. Ohnehin scheren sich viele Politiker wenig um ihre Zusagen in der Flüchtlingspolitik.

Im September 2015 etwa beschloss die EU, 160.000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland auf den Rest der Union umzuverteilen. Ein Jahr später sind nur knapp 4.800 Asylsuchende über die griechische und italienische Grenze gebracht worden. Das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) kritisierte das Ergebnis als "kläglich unzureichend".

USA erhöhen um 30 Prozent

Und auch Obama selbst zeigte sich bislang nicht gerade generös. Seit August 2015 nahmen die USA nur rund 10.000 Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien auf. Nun kündigte das Weiße Haus an, das gesamte US-Aufnahmekontingent für Flüchtlinge im nächsten Jahr um gut 30 Prozent auf 110.000 Plätze zu erhöhen. Doch zum Vergleich: Der kleine Libanon öffnete seit Beginn des Syrien-Konflikts im Jahr 2011 für mehr als 1,1 Millionen Menschen aus dem Nachbarland seine Tore. (Jan Dirk Herbermann, 17.9.2016)