Red-Bull-Pilot Max Verstappen war der Schnellste im ersten freien Training vor dem Grand Prix in Singapur.

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Nico Rosberg baute eine Viertelstunde vor Ende des ersten Trainings einen Unfall...

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... und legte im zweiten die schnellste Runde inklusive Tagesbestzeit hin.

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Bei rund 30 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von etwa 80 Prozent muss sich nicht nur Lewis Hamilton den Schweiß abwischen. Der WM-Führende belegte in den Trainingseinheiten die Plätze vier und sieben.

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Singapur – Bei Sonnenaufgang im Hotel schlafen, mittags frühstücken und am späten Abend hellwach im Auto sitzen und einen Grand Prix fahren: Für den Großen Preis von Singapur mutieren die Fahrer der Formel 1 zu Nachtschwärmern. Das Rennen am Sonntag startet erst um 20.00 Uhr (14.00 Uhr MESZ) – ungewöhnlich spät für die Rennfahrer. Deshalb bleiben die meisten nach der Landung in dem Stadtstaat auf Europazeit gepolt.

Verstappen Trainingsschnellster

"Die Zeitumstellung nach Asien ignorieren wir, weil wir alle versuchen, in europäischer Zeit zu bleiben. Du musst ein wenig die innere Uhr überlisten", sagt Red-Bull-Pilot Max Verstappen vor dem Rennen am Sonntag. Dabei wird nichts dem Zufall überlassen: Vorjahressieger Sebastian Vettel verdunkelte schon einmal sein Hotelzimmer mit Isolierband, um kein Sonnenlicht durch die Vorhänge zu lassen. Und Mercedes-Fahrer Nico Rosberg trainiert in Singapur manches Mal sogar in der Nacht im Fitnessraum: "Die Reinigungskräfte haben mich angeschaut, als ob ich aus dem Weltraum käme."

Kuriositäten, die dem Niederländer Verstappen gefallen: "Es ist alles verschoben, was witzig ist – du isst Frühstück im Fahrerlager, alle sagen sich 'Guten Morgen', dabei ist es später Nachmittag. Und du isst mitten in der Nacht zu Abend, während alle Leute unterwegs zu irgendwelchen Partys sind. Es ist halt alles ein wenig anders in Singapur." Der 18-Jährige war am Freitag im ersten freien Training voran. Er fuhr die schnellste Runde auf dem Marina Bay Street Circuit in 1:45,823 Minuten. Teamkollege Daniel Ricciardo reihte sich knapp hinter Verstappen ein (+0,049 Sekunden), Dritter wurde Vettel in 1:46,287.

Rosberg legt nach

Erst auf den Plätzen vier und fünf klassierte sich das sonst so überlegene Mercedes-Duo. Der WM-Führende Lewis Hamilton (1:46,426) und Rosberg (1:46,513) konnten wie im Vorjahr das Tempo an der Spitze zunächst nicht mitgehen. Knapp eine Viertelstunde vor Ende des Trainings leistete sich Rosberg zudem einen Fahrfehler, krachte in die Mauer und demolierte dabei seinen Frontflügel – nur um beim zweiten freien Training das Tempo überraschend vorzugeben.

Denn eigentlich gilt Mercedes in Singapur ausnahmsweise nicht als Top-Favorit auf den Sieg, im Vorjahr hatten die Silberpfeile gravierende Probleme auf der holprigen Strecke am Hafen. Trotzdem legte Rosberg im zweiten Durchgang die schnellste Runde in 1:44,152 Minuten hin und egalisierte die Bestzeit von Verstappen aus dem ersten freien Training.

Auf den Plätzen folgten Kimi Räikkönen (1:44,427) und Verstappen (1:44,532), Ricciardo wurde Vierter. Vettel fuhr in 1:45,161 auf den fünften Rang. Hamilton hatte große Probleme und wurde Siebter, technische Probleme bremsten den Engländer aus. Sollte Rosberg im Grand Prix nachlegen, könnte er seinen dritten Sieg en suite einfahren und seinem Teamkollegen die WM-Führung abnehmen. Aktuell liegen zwei Punkte zwischen Hamilton und Rosberg.

"Das härteste Rennen"

Der Grand Prix in dem Stadtstaat ist ein Highlight im Formel-1-Kalender – auch für Rosberg. "Die Strecke sieht unter dem Flutlicht spektakulär aus, und die Stadt lebt das Rennwochenende regelrecht", sagt der Deutsche. Tausende Scheinwerfer werden den Kurs beim Nachtrennen taghell ausleuchten, wenn die Piloten bei etwa 30 Grad und einer extremen Luftfeuchtigkeit von rund 80 Prozent in ihre Boliden klettern. Das sei in etwa so, als würde man in "ein schwarzes Auto ohne Klimaanlage steigen, das drei Stunden in der Sonne auf dem Parkplatz stand, die Fenster nicht runtergekurbelt – und dann geht man an seine körperliche Grenze", beschreibt Rosberg die Bedingungen.

Das sieht Ricciardo ähnlich: "Es ist das härteste Rennen, definitiv. Wenn man das Visier des Helmes etwas öffnet, um frische Luft zu holen, dann kommt da nur Hitze." Und Jenson Button sagt: "Die Formel 1 ist körperlich keine Herausforderung mehr. Dieses Rennen ist die einzige Ausnahme." Im Vergleich zu Malaysia, wo in zwei Wochen ähnliche Bedingungen herrschen werden, bietet Singapur kaum lange Geraden zum Ausruhen. 23 Kurven und entsprechende Fliehkräfte verlangen den Piloten alles ab.

Extreme Bedingungen

Der Stadtkurs in Singapur bietet wie Monaco kaum Auslaufzonen. Eine kleine Nachlässigkeit kann ausreichen und der Wagen landet in der Mauer. Gegen Rennende sehnen sich die Piloten beinahe nach einem kleinen Unfall oder einer Unterbrechung. "In den letzten Runden wünschst du dir nur noch das Safety-Car", sagt Sergio Perez von Force India. Denn dann könne man ein bisschen durchschnaufen.

Die Fahrer schwitzen während des Rennens zwischen drei und vier Litern Flüssigkeit aus. Die meisten versichern, sich nicht speziell auf die extremen Bedingungen in Singapur vorbereitet zu haben. Dennoch haben sich in der Vergangenheit einige mit einem Ruderergometer in die Sauna gesetzt, um die Belastung zu simulieren. Und trotz der Anstrengung lieben die Fahrer den Grand Prix von Singapur. "Genau das macht ja den Kitzel für uns Piloten aus", sagt Vettel.

Angst vor Zika-Virus

Allerdings bereitet dem Formel 1-Zirkus in diesem Jahr ein ganz anderes Problem Sorgen. Im asiatischen Stadtstaat wurden aktuell mehrere Infektionen mit dem Zika-Virus gemeldet. "Natürlich mache ich mir als Familienvater über so etwas Gedanken", sagt etwa Rosberg. Fahrer und Mechaniker der meisten Rennställen wurden angehalten, entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um nicht von Mücken gestochen zu werden. (sid, siu, 16.9.2016)

Freies Freitag-Training:

2. Session: 1. Nico Rosberg (GER) Mercedes 1:44,152 Min. – 2. Kimi Räikkönen (FIN) Ferrari +0,275 Sek. – 3. Max Verstappen (NED) Red Bull 0,380 – 4. Daniel Ricciardo (AUS) Red Bull 0,405 – 5. Sebastian Vettel (GER) Ferrari 1,009 – 6. Nico Hülkenberg (GER) Force India 1,030 – 7. Lewis Hamilton (GBR) Mercedes 1,123 – 8. Carlos Sainz Jr. (ESP) Toro Rosso 1,355 – 9. Fernando Alonso (ESP) McLaren 1,627 – 10. Daniil Kwjat (RUS) Toro Rosso 1,877

1. Session: 1. Max Verstappen (NED) Red Bull 1:45,823 Min. – 2. Daniel Ricciardo (AUS) Red Bull +0,049 Sek. – 3. Sebastian Vettel (GER) Ferrari 0,464 – 4. Lewis Hamilton (GBR) Mercedes 0,603 – 5. Nico Rosberg (GER) Mercedes 0,690 – 6. Kimi Räikkönen (FIN) Ferrari 1,067 – 7. Carlos Sainz Jr. (ESP) Toro Rosso 1,113 – 8. Daniil Kwjat (RUS) Toro Rosso 1,860