Die Reichenhaller und die Salzburger sind gute Nachbarn. Man findet sich meistens ziemlich sympathisch, und wirtschaftlich ist die Region inzwischen ohnehin fast völlig zusammengewachsen. Eine Wiederkehr der Grenze will sich hüben wie drüben keiner wirklich vorstellen. Und so nehmen es die Reichenhaller den Salzburgern auch nicht besonders übel, wenn diese vorschnell einmal den Hochstaufen als Salzburger Hausberg titulieren.

Was objektiv Blödsinn ist: Das Staufenmassiv liegt zur Gänze auf bayerischem Boden – und somit natürlich auch die höchste Erhebung des Kalkstocks, der Hochstaufen mit seinen 1.771 Metern. Aber ein bisserl haben die Salzburger auch recht: Denn der Hochstaufen ist praktisch von der ganzen Stadt Salzburg aus ein echter Blickfang.

Ein Tagesziel

Bergeinsamkeit wird aufgrund der Nähe zum Salzburger Zentralraum hier heroben ganz selten geboten. Auch wenn die 1.100 Höhenmeter schon eine gewisse Grundkondition erfordern.

Für zusätzliche Beliebtheit des Staufen sorgt die gemütliche Hütte direkt unter dem Gipfel. Viele Einheimische und viele Berggeher älteren Baujahres verbinden mit dem Reichenhaller Haus neben schönen Erinnerungen eine tragische Geschichte. Vor genau 23 Jahren, im September 1993, wurden die Wirtsleute Hans und Hannelore Klein bei einem Raubüberfall wegen eines geringen Geldbetrages kaltblütig ermordet.

Knapp unter dem Hochstaufengipfel klebt das Reichenhaller Haus an den Felsen.
Foto: Thomas Neuhold

Für die meisten ist das Reichenhaller Haus ein Tagesziel. Man kann hier aber auch übernachten. Gerade bei längeren Unternehmungen, wie etwa der Überschreitung des gesamten Staufenmassivs von Ost nach West, ist das eine durchaus überlegenswerte Variante.

In Alpinistenkreisen verbindet man mit dem Staufen aber auch einen der längsten und schwierigsten Klettersteige Deutschlands. Der nach der Gemeinde Piding benannte Pidinger Klettersteig wurde 2003 in die Nordseite des Hochstaufens hineingenagelt und gehört bis heute für jeden Klettersteiggeher zum absoluten Pflichtprogramm.

Normalweg Bartlmahd

Wer dem Reichenhaller Hausberg wandernd auf den Leib rücken will, wählt in der Regel den Normalweg über die Bartlmahd. Dieser verlangt vom Wanderer nur etwas Trittsicherheit. Er führt von der Padinger Alm anfangs auf einer Forststraße, dann in vielen Kehren an der Abzweigung zur Zwieselalm vorbei in die Scharte vor dem Mittelstaufen.

Der Goldtropfsteig ist die Direttissima auf die Hochstaufen. Er verlangt schon etwas Klettergeschick.
Foto: Thomas Neuhold

Hier wird der Steig etwas alpiner und führt über teilweise unangenehm glattpolierte Felsen im Wesentlichen entlang des Westgrates hinauf zum Reichenhaller Haus und zum knapp darüber liegenden Gipfel. Für die anderen zwei Anstiege – beide sind wesentlich alpiner – dient dieser Normalweg im Regelfall dann als Abstieg.

Variante Steinerne Jäger

Da ist einmal der Weg über die Steinernen Jäger – benannt nach den Felsformationen am Ostgrat des Hochstaufen. Hier wird Klettergeschick im I. Schwierigkeitsgrad gefordert; Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sowieso. Die Bezeichnung "Klettersteig" auf einer Tafel ist übrigens irreführend, es gibt keine Sicherungen.

Nach dem Anstieg durch Wald dreht der Weg bei einer Gabelung nach Westen. Nun geht es fallweise luftig und mit leichten Klettereinlagen durch die schroffe Südflanke zum Haus. Nur geübten Alpinisten (kein Wandergelände!) ist dagegen der Goldtropfsteig vorbehalten.

Variante Goldtropfsteig

Der nach einer hier wachsenden Lotwurzenart mit tropfenförmigen Blüten benannte Steig zweigt am Weg zu den Jägern bei einem mit einem roten G gekennzeichneten Felsen ab und führt anfangs durch steilen Hochwald und Buschwerk direkt nach Norden. Die Südexposition hat im Spätherbst wärmende Vorteile, im Hochsommer ist der Goldtropfsteig eher nicht zu empfehlen.

Gipfelkreuz am Hochstaufen mit dem charakteristischen goldenen Schild in der Mitte.
Foto: Thomas Neuhold

Im oberen Teil wird die Sache dann felsiger, und man erreicht nach einer Stelle mit Gedenktafeln – unter anderem auch eine für die ermordeten Wirtsleute vom Reichenhaller Haus – Schroffengelände. Vorsicht, Vorausgehende können hier Steine lostreten, ein Helm ist empfehlenswert.

Die Schlüsselstelle am Goldtropfsteig (II) kann umgangen werden. Der Steig mündet unter dem Gipfel in den Normalweg und zweigt 20 Meter weiter wieder in eine Schlucht ab. Hier geht es über einen Klemmblock in festem Felsen hinauf zum Gipfel. Wer sich das klettertechnisch nicht zutraut, bleibt auf dem Hüttenweg. (Thomas Neuhold, 16.9.2016)