Steine des Anstoßes: das Schutzgebiet Kalkkögel nahe Innsbruck. Hier soll eine Seilbahn gebaut werden. Gutachter sind dafür und dagegen.

Foto: Oesterreichischer Alpenverein/Christina Schwamm

Innsbruck – Zwei Bauprojekte, zwei Fronten. Tatort eins liegt am idyllischen Obernberger See. Hier stemmt sich eine ungewöhnliche Allianz aus "Kronen Zeitung", der grünen Landeshauptmann-Stellvertreterin und Naturschutzlandesrätin Ingrid Felipe sowie Architekten gegen ein geplantes Hotel im Schutzgebiet. Tatort zwei liegt in den Kalkkögeln nahe Innsbruck, wo die Wirtschaftskammer mit Präsident Jürgen Bodenseer, der Wirtschaftsbund mit Neo-Obmann und ÖVP-Seilbahnsprecher Franz Hörl und Innsbrucks Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer eine Verbindung zwischen den Skigebieten in der Axamer Lizum und dem Stubaital, den sogenannten Brückenschlag, fordern. Beide Projekte sind ob ihrer Auswirkungen auf die geschützte Natur, in der sie entstehen sollen, umstritten. Und wie immer in solchen Streitfragen treten die Gutachter auf den Plan.

Gutachten beauftragt, um zu verhindern

Im Fall Obernberger See, der sich seit sechs Jahren hinzieht, hat die zuständige Umweltabteilung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck das Projekt naturschutzrechtlich begutachtet und für in Ordnung befunden. Auch wenn Landesumweltanwalt und Gestaltungsbeirat des Landes große Bedenken einwandten. Das dürfen sie, aber es beeinflusst den Bescheid nicht.

Ingrid Felipe nahm diese Einwände jedoch zum Anlass, per Weisung die Bescheiderstellung der Bezirkshauptmannschaft zu stoppen und die Einholung eines neuerlichen, externen Gutachtens zu beauftragen. Das ist eine Überschreitung ihrer Befugnisse, klagten die Befürworter. Die Staatsanwaltschaft hat nun Ermittlungen wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch gegen sie eingeleitet.

Dieser Umstand ärgert viele Grüne und deren Sympathisanten, weil Felipe ja nur das hehre Ziel des Umweltschutzes verfolge. Das von ihr in Auftrag gegebene Gutachten attestiert dem Hotelprojekt Umweltunverträglichkeit.

Gutachten beauftragt, um zu ermöglichen

Szenenwechsel in den Südwesten Innsbrucks, in das Schutzgebiet Kalkkögel. Hier soll eine Verbindung der Skigebiete Axamer Lizum und Schlick 2000 auf Stubaitaler Seite entstehen. Seit Jahren fährt die Seilbahnlobby dafür schweres PR-Geschütz auf. Dramatische Videos skizzieren Horrorszenarien einer quasi sterbenden Talschaft. Allein die neue Gondelbahn könne die einst blühenden Landschaften vor dem sicheren Untergang bewahren.

Doch es nutzte alles nichts. Das Land Tirol nahm Abstand von der Idee. Gleich mehrere Gutachten attestieren dem Vorhaben Verfassungswidrigkeit und Umweltunverträglichkeit. Doch die Befürworter lassen sich nicht so schnell ins Bockshorn jagen und bieten nun einen prominenten Gegengutachter auf. Niemand Geringerer als Verfassungsjurist Heinz Mayer stellt fest, dass er keine verfassungsrechtlichen Hindernisse für den Seilbahnbau sehe.

Nun sind die Brückenschlag-Gegner empört. Welche Expertise Mayer eigentlich in Sachen Seilbahnen mitbringe, fragt sich der grüne Klubobmann Gebi Mair in seinem Blog.

Die Gewinner stehen in beiden Fällen fest: die Gutachter. Die Branche ist krisenfest. (Steffen Arora, 15.9.2016)