Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn, ein Sozialdemokrat, sagt: "Wer wie Ungarn Zäune gegen Kriegsflüchtlinge baut oder wer die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz verletzt, der sollte vorübergehend oder notfalls für immer aus der EU ausgeschlossen werden."

Das wird nicht passieren, aber es besteht kein Zweifel, dass das Regime in Ungarn mit den europäischen Werten nicht in Einklang steht. Viktor Orbán hat das Land zu einem autoritären Staat umgebaut, in dem Opposition, Medien, Kunst und Intellektuelle unterdrückt, das Verfassungsgericht als Korrektiv ausgehebelt wurde und die Flüchtlingspolitik inhuman ist. Orbán möchte ausdrücklich eine Herrschaft nach dem Vorbild Wladimir Putins.

Das Problem dabei: Er ist nicht allein in Osteuropa. In Polen ist die rechtskonservative Regierung mit aller Macht dabei, dieselben Zustände herzustellen. Unterschiede bestehen allerdings im Verhältnis zu Russland, das das paranoide Polen für den Abschuss einer Maschine mit dem Zwillingsbruder des jetzigen Machhabers Jaroslaw Kaczynski verantwortlich macht.

Etwas weniger ausgeprägt, aber ähnlich ist die Situation in der Slowakei und in der Tschechischen Republik. In Bratislava regiert der Linkspopulist Robert Fico, in Prag ist der Linkspopulist Milos Zeman. Beide sind Nationalisten und wie Orbán und Kaczynski rabiat gegen Zuwanderung.

Die vier Staaten sind zur Visegrád-Gruppe zusammengefasst, so benannt nach einer Zusammenkunft mittelalterlicher Könige im Donauknie. Orbán ist der radikalste, er hat kürzlich gehofft, dass in Frankreich Marine Le Pen und in Deutschland die Rechte bei den Wahlen 2017 siegt, mit der impliziten Ansage, dass dann die jetzige EU zerfallen würde und in Europa wieder "Nation und Christentum" herrschen mögen.

In diese Visegrád-Gruppe möchte übrigens Norbert Gerwald Hofer Österreich führen, wenn er Bundespräsident wird. Länder mit starker nationalistischer Tradition wie Kroatien und Serbien sollen dazukommen. Eine gespaltene EU, Putin Wunschtraum. Hofers Besuch bei Zeman und bei einem kroatischen Hardliner weisen die Richtung.

Wer die osteuropäischen Länder noch in ihrer elenden kommunistischen Mischung aus Armut und Unterdrückung erlebt hat; wer den Aufschwung an Freiheit und Wohlstand registrierte, der dort vor 25 Jahren begonnen hatte und 2004 mit dem EU-Beitritt gekrönt wurde – der kann diesen Rückfall in die Regimes der Dreißigerjahre nur bedrückend finden. Gewaltenteilung, Rechtsstaat, Menschenrechte sollen dort wieder abgeschafft werden. Und in Österreich wird das von der FPÖ und von der neurechten Gruppe in der ÖVP begrüßt und bestärkt.

Soll Österreich seine Westbindung aufgeben und sich einem Konglomerat kleinstaatlicher, engstirniger, demokratiefeindlicher Regimes in Osteuropa anschließen? Sollen wir, nachdem wir jahrzehntelang vom kommunistischen Ostblock bewahrt blieben, jetzt in einen neuen Ostblock, diesmal einen demokratiefeindlichen und nationalistischen? (Hans Rauscher, 13.9.2016)