Ljubljana/Wien – In der Flüchtlingskrise droht ein Konflikt zwischen Slowenien und Österreich. Anlass ist die Rückführung von neun Flüchtlingen nach Slowenien, die in der Südsteiermark von der österreichischen Polizei aufgegriffen worden waren. Slowenien werde die Flüchtlinge zurückschicken, weil Österreich unrechtmäßig gehandelt habe, teilte die slowenische Polizei am Montag laut der Nachrichtenagentur STA mit.

"Das Vorgehen der österreichischen Kollegen ist inakzeptabel und entbehrt jeglicher rechtlicher Grundlage", kritisierte die Polizeiverwaltung Maribor. Die österreichischen Polizisten hätten die illegalen Grenzgänger am Sonntagnachmittag gefasst und der slowenischen Seite die Rückschiebung angekündigt. Allerdings seit dieser Schritt am Sonntagabend ohne entsprechende Beweise erfolgt.

Slowenen wollen Flüchtlinge zurückschicken

Solche seien bei Aufgriffen abseits von Grenzübergängen erforderlich, hieß es unter Berufung auf eine bilaterale Übereinkunft über die Übernahme von Personen. Aus diesem Grund werde Slowenien die Personen wieder nach Österreich zurückschicken.

Die österreichische Seite kann die slowenischen Vorwürfe nicht nachvollziehen. Die Polizei sei vorgegangen wie üblich, wenn kein Asylantrag in Österreich gestellt werde, erläuterte der Pressesprecher der Landespolizeidirektion Steiermark, Franz Grundnig. Die Personen, darunter sechs Syrer, ein Marokkaner und zwei Iraker, seien "unmittelbar an der Grenze" vom Bundesheer aufgegriffen und der Polizei übergeben worden. Sie waren von Schleppern an die Grenze gebracht worden.

Kanzlerbesuch in Slowenien

Grundnig sagte, dass es nach jetzigem Stand keine Veranlassung gebe, die Migranten zurückzunehmen. "Grundsätzlich arbeiten wir gut mit der slowenischen Seite zusammen", sagte Grundnig. Ähnliche Ereignisse habe es bisher nicht gegeben.

Der Zwischenfall ereignete sich wenige Stunden vor dem Besuch von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) in Slowenien. Kern hatte am Montag bei seinem slowenischen Amtskollegen Miro Cerar um Verständnis für die umstrittenen österreichischen Pläne geworben, die Grenzen unter anderem zu Slowenien abzuriegeln und bei Erreichen der Flüchtlingsobergrenze keine Asylanträge mehr anzunehmen. Allerdings betonte Kern, dass die Grenzbarrieren innerhalb des Schengenraums "nur die zweitbeste Lösung" seien.

Gipfel am 24. September

Kern gab am Montag auch bekannt, dass der angekündigte Flüchtlingsgipfel am 24. September in Wien stattfinden wird. Gemeinsam mit den Regierungschefs der betroffenen Länder und unter Teilnahme der deutschen Kanzlerin Angela Merkel wolle man über Konzepte zum Schutz der Schengengrenze diskutieren, sagte Kern.

"Hier braucht es nicht nur Worte, sondern ganz konkrete Taten und Handlungen", sagte Kern bei einer Pressekonferenz nach dem Treffen mit dem slowenischen Amtskollegen Miro Cerar.

Schutz für Grenzen

Das erste Ziel müsse sein, gemeinsam die EU-Außengrenzen zu schützen. "Das müssen wir besser machen," sagte der Bundeskanzler und betonte, dass dies "langsam zu einer Geduldsfrage" werde. Nachdem es dazu in Europa bereits einen weitgehenden Konsens gebe, wird laut Kern jetzt eingefordert, dass dies jetzt auch exekutiert wird. "Wenn das nicht gelingt, dann werden wir wie bei einem Dominoeffekt erleben, dass eine Grenze nach der anderen geschlossen wird", mahnte der SPÖ-Chef.

Seinem slowenischen Kollegen versicherte Kern, sich in diesem Fall "rechtzeitig und entsprechend um Kooperation mit Slowenien zu bemühen und die negativen Konsequenzen dieser Maßnahme so gering wie möglich zu halten". Ljubljana hatte zuvor mit einer diplomatischen Note gegen die anhaltenden österreichischen Grenzkontrollen protestiert und gefordert, dass man über die österreichischen Absichten auf dem Laufenden gehalten werde. "Die Note ist zu respektieren", sagte Kern. "Auch aus unserer Sicht ist es eine Selbstverständlichkeit, dass man sich unter guten Nachbarn über die Schritte rechtzeitig informiert."

Auch Slowenien ist laut Premier Cerar zu "außerordentlichen Maßnahmen an seiner Grenze" bereit, sollte das notwendig werden. "Wir werden Slowenien und die EU vor irregulärer Migration schützen", fügte er hinzu. In erster Linie will Ljubljana die Schengengrenze mit Kroatien rigoros schützen. Ab sofort werden laut Cerar die Schengenregeln strikt angewendet, auch was die Einreise von Flüchtlingen aus humanitären Gründen betreffe. Diese werde nicht mehr erlaubt sein. Man werde alles tun, um den Ländern an den EU-Außengrenzen zu helfen, sagte der slowenische Regierungschef. (APA, 12.9.2016)