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Vergangene Woche lieferten sich die Konfliktparteien im syrischen Bürgerkrieg noch Kämpfe, von Beginn des Opferfests an sollen die Waffen nun schweigen.

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Zerstörung in der umkämpfen Stadt Aleppo am Wochenende.

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Damaskus/Kairo – Noch war unklar, ob sich alle Gruppen an die vereinbarte Waffenruhe für Syrien halten würden. Doch während über die konkrete Umsetzung gerätselt wurde, sind einige Details der Vereinbarung zwischen den USA und Russland am Wochenende klarer geworden:

  • Geht es nach dem Willen von US-Außenminister John Kerry und seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow schweigen in Syrien am Montag – dem ersten Tag des islamischen Opferfestes – nach Sonnenuntergang im ganzen Land die Waffen. Damit beginnt eine siebentägige Frist, in der Hilfsgüter in die belagerten Gebiete geliefert werden sollen. In Aleppo müssen sich Kämpfer von einer wichtigen Durchgangsstraße, der Al-Castello-Straße, zurückziehen, um den Weg freizugeben.
  • Parallel dazu beginnen am Montag Russland und die USA ihre Vorbereitungen für ein gemeinsames Kontrollzentrum, in dem Informationen ausgetauscht werden sollen, um die Gebiete zu definieren, die von den einzelnen Gruppierungen – insbesondere der radikalen Nusra-Front – kontrolliert werden. Diese militärische Zusammenarbeit gegen den IS und die Nusra-Front soll nach den sieben Tagen konkret beginnen. Ziel ist es, die Einflussbereiche der moderaten und der radikalen Kämpfer zu trennen. Von Russland wird erwartet, dass es die syrischen Kampfjets daran hindern wird, Gebiete zu bombardieren, die von der Opposition kontrolliert werden. Im Gegenzug helfen die USA bei der Schwächung der Nusra-Front, die sich kürzlich von Al-Kaida losgesagt hat. Kerry hat der moderaten Opposition geraten, es wäre "weise", sich komplett von der Nusra-Front zu trennen. An vielen Orten wird gemeinsam gekämpft.
  • Die dritte Säule des Abkommens ist die vage formulierte Absicht, den politischen Dialog zwischen der Regierung und der Opposition unter UN-Vermittlung, der im April unterbrochen worden ist, später wieder zu lancieren.

Die zivile syrische Opposition hat das Abkommen mit Zurückhaltung aufgenommen und vor allem die Hilfsmaßnahmen für die von fünfeinhalb Jahren Krieg geplagten Menschen begrüßt. Das Regime hat über die offizielle Nachrichtenagentur verkünden lassen, die Waffenruhe werde respektiert, der Anfang würde in Aleppo gemacht. Während die meisten Regierungen der Region den russisch-amerikanischen Handschlag als positiven Schritt bezeichneten, waren viele Kommentatoren skeptischer.

Keine Kontrolle

Kritisiert wird, dass es auch dieses Mal keinen Überwachungsmechanismus gebe, wichtige Mitspieler wie der Iran und die Türkei nicht am Tisch saßen und die Abgrenzung der Gebiete der verschiedenen Gruppen völlig unmöglich und damit der Vorwand für neue kriegerische Handlungen gegeben sei. Auch das Fehlen einer klaren Aussage über die politische Zukunft Syriens und das Schicksal von Präsident Bashar Al-Assad wird kritisiert. Scharf ging der Kommentator der saudisch finanzierten Tageszeitung Sharq al-Awsat mit den USA ins Gericht. Er sprach von einer tragikomischen Lüge; man kaufe den USA nicht mehr ab, dass sie das Leiden der Syrer beenden wollten. Jede Veränderung der amerikanischen Haltung in den vergangenen fünf Jahren sei mit einer engeren Anlehnung an Russland einhergegangen, sogar als Moskau beschlossen habe, Assad an der Macht zu halten.

Der Iran hat das Abkommen begrüßt. Gleichzeitig hat Teheran aber gefordert, dass ein internationaler Überwachungsmechanismus installiert werden müsse, um zu vermeiden, dass die Feuerpause von Terroristen missbraucht werde. Der Sprecher des Außenministeriums Bahram Ghasemi hat zudem verlangt, dass die humanitäre Hilfe allen Regionen ohne Diskriminierung zukommen müsse. (Astrid Frefel, 11.9.2016)