Die Kommentierung der nordkoreanischen Atom-, aber auch Raketentests ging über Jahre hinweg in eine Richtung: Sie hätten mehr mit der politischen Kommunikation Pjöngjangs zu tun als mit realen militärischen Absichten, war die Expertenmeinung. Vor allem wurde immer wieder behauptet, dass die erratisch wirkende nordkoreanische Führung mit ihren Tests nur den Preis in die Höhe treiben wollte, zu dem sie sich ihr Atomprogramm einst von der internationalen Gemeinschaft, besonders den USA, abkaufen lassen würde.

Die Tatsachen sehen heute anders aus: Nordkoreas fünfter Atomtest, heuer der zweite, war so potent, dass nur festzustellen bleibt, dass Nordkorea ein Atomwaffenstaat ist. Niemand lächelt mehr über diese Tests, die vor zehn Jahren quasi mit einem Rohrkrepierer begonnen haben. Es gibt noch immer viele Tests in Nordkorea, die offenbar schieflaufen. Aber bei Experten ist darüber ein Umdenken im Gange: Nicht die Fehlschläge sollte man sich ansehen, sondern die schiere Masse an Tests, die als Indikator für die militärischen Ambitionen Nordkoreas gelten können.

Bleibt die Frage, was zu tun ist: Abseits der Empörung und des Einschaltens der gängigen Instrumente wie des Uno-Sicherheitsrats wäre ein neues Nachdenken über Nordkorea gefragt. Erst wenn man die Motivation und die Absichten Kim Jong-uns besser versteht, wird sich eine besser funktionierende Nordkorea-Politik entwerfen lassen. (Gudrun Harrer, 9.9.2016)