Hat die Wirtschaftskammer zur Jahrtausendwende schon einmal umgebaut und will es noch einmal tun: Präsident Christoph Leitl.

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Wien – In der Wirtschaftskammer bahnt sich ein Sparpaket an. "Plus/minus 20 Prozent bei den Kosten", heißt die im Frühjahr ausgegebene Devise. Dagegen regt sich nun Widerstand – nicht so sehr in den Landeskammern, sondern vielmehr in deren Regional- und Bezirksstellen.

Eine Reduktion der Kammerumlage und Beitragsleistungen würde nur großen Mitgliedern, also Konzernen wie Magna helfen, führen die Wirtschaftsbund-Bezirksgruppen Weiz und Leibnitz in einem Protestbrief an ihren Präsidenten Christoph Leitl ins Treffen. Kleinst- und Kleinbetriebe, die sich keinen eigenen Rechtsstab oder internationale Abteilungen leisten können, wären von Leistungseinschränkungen hingegen überproportional betroffen, so die Argumentation der steirischen Funktionäre in dem Brief, der 130 Wirtschaftsbund- und Kammerfunktionären sowie Spartenobmännern zugegangen ist.

Permanente Reformen

Man lehne Reformen nicht grundsätzlich ab, heißt es in dem Schreiben, das dem STANDARD zugespielt wurde: "Gerade in einer Unternehmerorganisation sind Reformen und die daraus resultierenden Verbesserungen eine permanente und auch gewünschte Entwicklung, diese fanden auch in der Vergangenheit laufend statt." Nun aber würde "von einem Tag auf den anderen die gesamte Leistung der Wirtschaftskammer" und ihrer gut ausgebildeten Mitarbeiter infrage gestellt, appellieren die Bezirksgruppenobmänner der südoststeirischen Wirtschaftsbund-Sprengel an "ihren" Bundeswirtschaftskammer-Präsidenten, der zugleich die größte Fraktion des Unternehmer-Parlaments, den Wirtschaftsbund, präsidiert.

Da ein Dienstleistungsbetrieb nennenswert nur beim Personal einsparen könne, würde eine lineare Kürzung der Mitgliedsbeiträge vor allem auf die Ausstattung mit Fachpersonal (in den Sparten) und damit die Dienstleistungsservices der WKO massiv beeinträchtigen, warnen die aufmüpfigen Steirer, die sich auf regen Zuspruch seitens Mitglieder und Funktionäre der zweiten und dritten Ebene berufen.

Kein Beschluss, alles offen

Im Büro Leitl beruhigt man: 20 Prozent Kosteneinsparung bei den Mitgliedsbeiträgen seien weder beschlossen noch in Stein gemeißelt. Vielmehr sei dies eine Zielgröße, die sich leitende Funktionäre der föderal aufgebauten Wirtschaftskammer selbst gesetzt hätten. "Es gibt weder einen Beschluss", versichert Leitls Büroleiter in der Bundeswirtschaftskammer, Rupert Haberson, auf Anfrage des STANDARD, "noch konkrete Umsetzungspläne, noch einen Zeitplan, sondern eine interne Diskussion im Wirtschaftsbund, wie wir bei den Mitgliedsbeiträgen sparen können." Offen sei auch, wo genau an der Kostenschraube gedreht werde – ob bei Grundumlage oder der Kammerumlage 1, betont Haberson.

Wo in Sachen Kosteneffizienz etwas zu holen wäre, diesbezüglich haben die aufmüpfigen WKO-Funktionäre bereits konkrete Ideen. Ihnen ist der Überbau ein Dorn im Auge: "In den letzten Jahren sind vor allem jene Bereiche innerhalb der Kammer gewachsen, die keinen Mitgliederkontakt haben. Diesen Trend gilt es zu hinterfragen. Eine Reform muss die Nähe der Organisation zu den Unternehmerinnen und Unternehmern stärken", heißt es im Protestbrief. Auf gut Deutsch: Der Personalstand in der Wiedner Hauptstraße (Sitz der Bundeswirtschaftskammer) möge reduziert und jener in Brüssel, wo es nur wenige Mitarbeiter gebe, ausgebaut werden. "Nicht billigere Services muss die Kammer bieten, sondern absolut bessere", bringt es ein ungenannt bleiben wollender Funktionär auf den Punkt.

Reform selbst durchführen

Klar ist freilich, dass Leitl, dessen Funktionsperiode 2020 ausläuft, die Reform, die auch organisatorisch Niederschlag finden wird, nicht nur anstoßen, sondern auch noch selbst durchführen will. Dass dabei Druck von einigen großen Industriekonzernen komme, von denen 90 Prozent der Kammerbeiträge stammen, bestreitet Haberson. (Luise Ungerboeck, 10.9.2016)