Die Männer am Regler: 25 Drohnen hängen an einem Computer

Werner Dedl

Der Herr der Drohnen: Horst Hörtner hat die Sache fest im Griff

Werner Dedl

Ist die Drohne einmal startbereit, empfiehlt deutlich mehr Respektabstand

Foto: Werner Dedl

Linz – Die Sonne zeigt sich an diesem Septembernachmittag von ihrer starken Seite. Fast entschuldigend für den durchwachsenen Sommer heizt sie die große Asphaltfläche auf dem Urfahraner Jahrmarktgelände auf. Während manchem Spaziergänger ob des raren Schattens die Verzweiflung ins Gesicht fährt, lächelt Horst Hörtner inmitten der Asphaltwüste zufrieden: "Ein traumhaftes Flugwetter."

Der 51-Jährige ist Pilot – zumindest im weitesten Sinn. Kein Segelflugzeug, kein Paragleiter, kein Hubschrauber. Die Drohne hat es dem Leiter des Futurelabs der Ars Electronica angetan. Hörtner und seine Mitarbeiter werden am Samstag zum Auftakt der diesjährigen "Klangwolke" mit dem Projekt "Drone 100 – Spaxels über Linz" hundert beleuchtete Drohnen am Himmel über dem Donaupark tanzen lassen.

Daheim Energie tanken

Noch ist von Hektik und Nervosität keine Spur. Sämtliche Funkstrecken sind ausgemessen, Drohne um Drohne wurde kalibriert. Unter einem grünen Zeltdach hat man die Kommandobrücke aufgebaut: vier Rechner, die mit je 25 Drohnen in Kontakt stehen. Je ein Mitarbeiter verantwortet einen Computer. "Den Ablauf erledigt eigentlich die speziell entwickelte Software. Der Kollege am Rechner hat aber ein wachsames Auge auf die Drohnen. Sollte etwa die Batterieleistung nachlassen, gibt es ein Signal an die Drohne – und sie fliegt selbstständig zurück zur Basis", erläutert Hörtner.

Ground control to Major Horst

Noch ist von dem großen Summen und Brummen von hundert fliegenden Drohnen nichts zu hören. Die mit je vier LEDs bestückten Flugkörper stehen in Reih und Glied auf dem Boden und scheinen geduldig auf den großen Auftritt zu warten. Nur manchmal bricht eine Drohne zu Testzwecken aus der Bodenformation aus. "43", tönt es aus der Ground Control. Die Mitarbeiter auf dem Flugfeld weichen sicherheitsbewusst, und Drohne 43 saust senkrecht in den Himmel. Deren Kraft, Geschwindigkeit und Wendigkeit sind beachtlich. Mensch und Maschine scheinen fit für den großen Auftritt.

Respektabstand

Punkt 19.45 Uhr werden die hundert Drohnen am Samstag zu einem 9:40 Minuten dauernden Flug starten. Um Kollisionen zu vermeiden, heben nicht alle gleichzeitig, sondern in Gruppen nacheinander ab – zunächst 30 Meter fast senkrecht empor und dann über die Bäume am Flussufer hinaus über die Donau. Dort werden sie ihre Positionen einnehmen und mit ihrem "Tanz" beginnen.

Der erste Teil der Show wird eigens für Linz gestaltet und verschiedene dreidimensionale Motive beinhalten – einen majestätischen Vogel etwa, der über die Donau fliegen und dabei seine Schwingen auf und ab bewegen wird. Synchronisiert wird diese Choreografie mit der Musik des Linzer Soundkünstlers und Komponisten Sam Auinger. Der zweite Teil der Show zeigt dann das Finale des Drohnen-Weltrekordflugs vom November 2015. Im Auftrag des Chipherstellers Intel schaffte das Ars Electronica Futurelab damals den Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde: Hundert Drohnen schwirrten gleichzeitig durch die Luft.

International erfolgreich

Das Drohnenprojekt hat sich mittlerweile zu einem Erfolgsmodell entwickelt. Seit Sommer 2012 arbeitete das Futurelab-Team daran, mit LED-Leuchten bestückte Quadrocopter so zu programmieren, dass sie autonom Formationen fliegen können. Heute werden international Flugshows bestritten. Und die Spaxels haben sich selbstständig gemacht: Aufgrund der großen internationalen Nachfrage wurde das Flugunternehmen in eine eigene Tochtergesellschaft ausgegliedert.

Horst Hörtner hat derweil vor der Wetterstation Stellung bezogen. Ein prüfender Blick, ein zufriedener Zug an der Zigarette. Inwieweit geht es auch darum, das Image der Drohnen zu verbessern? Hörtner: "Ich möchte es anders ausdrücken: Es geht darum, die Potenziale einer Drohne nicht nur dem Militär zu überlassen, sondern eben auch für die Kunst zu nutzen."

An einen baldigen zivilen Einsatz im Alltag, etwa bei der Paketzustellung, glaubt der Herr der Linzer Drohnen dennoch nicht: "Die Herausforderung ist die Verständigung. Es ist ähnlich wie beim selbstfahrenden Auto – die Kommunikation zwischen Maschine und Mensch muss funktionieren. Ich muss wissen, was das Ding, das vor mir schwebt, eigentlich vorhat. Die Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg. Und da sind wir noch nicht so weit." (Markus Rohrhofer, 9.9.2016)