Linz/Wien – Der börsennotierte Linzer Stahlkonzern voestalpine will unter dem Druck der Branchenkrise erneut auf die Kostenbremse treten. Nach dem Ende März auslaufenden milliardenschweren Sparprogramm solle es weitere Einsparungen geben, sagte Konzernchef Wolfgang Eder heute, Donnerstag, zu Reuters.

"Es wird mit Sicherheit ein Nachfolgepaket geben. Wir haben in den Divisionen die Gespräche darüber begonnen." Geplant seien Kostensenkungen in dreistelliger Millionenhöhe.

Die Schwerindustrie um ThyssenKrupp und Weltmarktführer ArcelorMittal kämpft seit Jahren mit Preisdruck, Überkapazitäten und Billigimporten aus China. Die voestalpine macht als Hersteller von Röhrenblechen für Pipelines auch eine schwache Nachfrage aus der Ölindustrie zu schaffen. Nach einem Gewinneinbruch zum Jahresauftakt rechnet Eder mit keinem weiteren Rückgang. Das bis Ende September laufende traditionell schwache zweite Quartal des Geschäftsjahres 2016/17 sollte das Niveau des ersten Quartals erreichen oder auch darüber liegen, kündigte der Firmenchef an. Insgesamt werde die zweite Hälfte des Geschäftsjahres deutlich stärker sein als die erste, bekräftigte er. Der Öl- und Gasbereich sollte im Verlauf der zweiten Jahreshälfte den Boden erreicht haben.

An den Zielen für das Geschäftsjahr 2016/17 hält Eder fest. Die operativen Ergebnisse vor Zinsen und Steuern (Ebit) sowie vor Abschreibungen (Ebitda) sollen in etwa stabil bleiben. Unterstützung erwartet Eder, der auch Weltstahlpräsident ist, von steigenden Stahlpreisen. "Es sieht danach aus, dass wir aufgrund einer anziehenden Nachfrage und steigender Rohstoffpreise im Verlauf des Herbstes auch mit steigenden Stahlpreisen rechnen können", sagte der CEO. Erstmals seit fünf Jahren würden die Stahlpreise nach dem Sommer nicht einbrechen. ArcelorMittal kündigte laut Eder an, ab dem vierten Quartal die Preise um 40 Euro je Tonne zu erhöhen.

Kein Mitarbeiterabbau

Details für das neue Sparpaket wollte der voestalpine-Chef noch nicht nennen. Die Gespräche würden voraussichtlich bis in den Februar hinein laufen. "Es ist viel zu früh, irgendwelche Indikationen zu geben. Aber, es gibt immer noch Potenziale, auch wenn man sich das nach acht Jahren durchgängiger Sparprogramme schwer vorstellen kann." Ein Mitarbeiterabbau sei nicht geplant. Der Konzern beschäftigt weltweit gut 48.000 Menschen. Freiwerdende Stellen würden jedoch nicht nachbesetzt.

Auch bei den Investitionen will Eder leicht auf die Bremse treten. Nachdem im laufenden Geschäftsjahr 1,1 Mrd. Euro investiert würden, sei für das nächste Jahr 1 Mrd. Euro oder darunter geplant. "In Zukunft werden wir stabil zwischen 800 Mio. und 1 Mrd. Euro liegen". Analysten hatten zuletzt Sorge geäußert, dass der Konzern zu viel investieren könnte. Den Fokus will Eder auf den Automobilbereich legen. Die Linzer hatten kürzlich einen 500-Millionen-Dollar-Auftrag eines deutschen Premium-Autobauers an Land gezogen. Um den Großauftrag umsetzen zu können, sollen mehr als 60 Mio. Dollar (53,4 Mio. Euro) in zwei US-Standorte investiert werden. Die voestalpine produziert etwa Bleche für Karosserieteile. Investieren will Eder auch im Eisenbahnbereich, wo der Konzern Weltmarktführer bei Weichen für Hochgeschwindigkeitszüge sei. "Wir haben Überlegungen verstärkt in Schwerlast-Weichen einzusteigen und auch in die Produktion von Straßenbahnweichen", sagte Eder.

Die Entscheidung, ob im steirischen Kapfenberg ein neues Edelstahlwerk gebaut wird, will Eder in der zweiten Jahreshälfte 2017 treffen. "Ich orte eine sehr vernünftige, entgegenkommende Position auf Seiten der steirischen Behörden. Ich glaube schon, dass wir da vor Ort zurande kommen, entscheidend wird aber die europäische Ebene sein." Die voraussichtlichen Kosten für den Bau bezifferte er mit 250 bis 300 Mio. Euro.

Für Zukäufe will der Manager künftig jährlich 200 bis 300 Mio. Euro ausgeben. "Das Problem im Moment ist, dass Geld ja grenzenlos zur Verfügung steht und wir sind nicht bereit, utopische Kaufpreise zu bezahlen. Im Moment hat man als strategischer Investor gegen Finanzinvestoren kaum eine Chance." Interessante Übernahmeziele seien derzeit Familienunternehmen, wo es "nicht nur um den Kaufpreis" geht. (Reuters, 8.9.2016)