Chinesische Webseiten machen gezielt Werbung für Geburten in Kanada.

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Wenn Kerry Starchuk in ihrem Garten steht, sieht sie oft schwangere Frauen aus China aus dem Nachbarhaus treten. Die 58-jährige Kanadierin lebt in Richmond, einer Vorstadt von Vancouver. Das Nachbarhaus ist ein "Baby House", eine Unterkunft für Chinesinnen, die ihr Kind in Vancouver gebären wollen, damit es die kanadische Staatsbürgerschaft erhält. Jedes Baby, das auf kanadischem Boden geboren wird, erhält automatisch das Bürgerrecht.

"Es ist ein regelrechter Geburtentourismus entstanden", sagt Starchuk. "Diese Leute nützen Kanadas Großzügigkeit aus." Sie hat eine Petition lanciert, mit der die kanadische Regierung aufgefordert wird, diesem Missbrauch ein Ende zu setzen. Es gibt keine offizielle Statistik über den Geburtentourismus. Laut Vancouver Sun gab es jedoch im Richmond-Krankenhaus von März 2015 bis März 2016 insgesamt 1.938 Geburten. Auf ausländische Mütter entfielen 299 Geburten, davon 295 auf Frauen aus China. Das bedeutet, dass fast jedes sechste Kind, das im Richmond-Krankenhaus auf die Welt kam, von einer Mutter aus China stammt. Der Trend ist seit einigen Jahren steigend.

Werbung in China

Chinesische Webseiten werben mit Hotelangeboten für Chinesinnen im Raum Vancouver, wo sie vor und nach der Geburt wohnen können. Sie publizieren auch Fotos und Beschreibungen von Spitälern und die Namen von chinesisch sprechenden Ärzten.

Den kanadischen Behörden sind 26 "Hotels" für schwangere Touristinnen in der Provinz British Columbia bekannt. Die frühere konservative Regierung hatte überlegt, die automatische Einbürgerung bei Touristengeburten einzuschränken. Sie stieß auf Widerstand, die neue Regierung ließ es nun ganz bleiben.

Petition erfolgreich

Kerry Starchuk scheint mit ihrem Protest einen Nerv zu treffen. In weniger als drei Wochen hatte sie 1000 Unterschriften zusammen. Bisher haben rund 8.000 Kanadier unterzeichnet, die Frist läuft erst am 14. Oktober aus. Starchuk hätte nur 500 Unterschriften gebraucht, damit ihr Anliegen im Parlament vorgebracht wird.

Kanada und die USA sind die einzigen Länder unter den sieben wichtigsten Industrienationen, die bei einer Geburt auf ihrem Boden eine automatische Einbürgerung zulassen. Die USA verlangen aber von ihren Staatsbürgern eine Steuererklärung, auch wenn sie im Ausland leben.

In Vancouver kostet eine normale Geburt für ausländische Mütter rund 5.500 Euro, ein Kaiserschnitt 9.000 Euro. Mütter, die als Touristinnen gebären wollen, kritisiert Starchuk, würden kanadischen Müttern den Platz in Spitälern wegnehmen. Sie habe schon Frauen getroffen, die aus Platzgründen in ein weiter entferntes Spital transferiert wurden. (Bernadette Calonego aus Vancouver, 8.9.2016)