Die Arbeitswelt der bronzezeitlichen Bergleute im Salzbergwerk Hallstatt nach aktuellem Forschungsstand.

Foto: NHM Wien/Dominic Groebner

Der Ablauf des Salzabbaus und des Versturzes um 1000 v. Chr.

Foto: NHM Wien/Dominic Groebner

Die Hölzer der verstürzten Schachteinbauten von unten aus gesehen.

Foto: NHM Wien/Andreas W. Rausch

Der Versturz des Schachtes im Appoldwerk – einer zweiten bronzezeitlichen Fundstelle im Hallstätter Salzberg.

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Die verstürzten Grubenhölzer von oben. Eindeutig zu erkennen: Die Hölzer sind für spezielle Konstruktionen gefertigt.

Foto: NHM Wien/Daniel Brandner

Seit fast 20 Jahren finden jedes Jahr für einige Wochen archäologische Ausgrabungen im Christian-von-Tusch-Werk im Salzberg Hallstatt statt. Diese Fundstelle wurde, so wie alle archäologisch relevanten Plätze im Bergwerk, vom modernen Salzbergbau zufällig angefahren und dadurch entdeckt. Es handelt sich hierbei um ein bronzezeitliches Bergwerk, das um 1000 v. Chr. verschüttet wurde.

Durch das Salz und den Luftabschluss haben sich alle Hinterlassenschaften der Bergleute vor mehr als 3000 Jahren erhalten, so vor allem Geräte und Werkzeuge. Es erhalten sich hier besonders viele Funde, für die die Erhaltungsbedingungen normalerweise nicht gegeben sind: Funde aus organischem Material wie Gras, Bast, Haare, Fell, Leder, Rohhaut, Exkremente und vor allem Holz. Spezielle Funde wie die bronzezeitliche Holzstiege verdeutlichen die einzigartige und ideale Konservierung der prähistorischen Grubenhölzer.

Lebens- und Arbeitswelt Bergwerk

Seit Entdeckung der Fundstellen existiert in den Köpfen der Forscher ein Modell, wie die bronzezeitliche Lebens- und Arbeitswelt im Bergwerk ausgesehen haben könnte. Es wird von einem Schachtbau ausgegangen, bei dem ein vertikaler Schacht von der Oberfläche in den Berg getrieben wurde und, davon ausgehend, die Kernsalzzüge in riesigen Abbaukammern verfolgt wurden.

Im Christian-von-Tusch-Werk erforschen wir eine dieser Kammern. Unter anderem können wir hier auch den Bereich direkt unterhalb des Verbindungsschachts fassen. Nachdem die Schächte dem Materialtransport und der Mannsfahrt dienen, finden wir in diesem Bereich vor allem den Versturz der darin verbauten Hölzer.

Gewirr an Hölzern

In diesem Versturz befinden sich einerseits große, bearbeitete Rundhölzer, die eine tragende Rolle innerhalb der Plattformen einnahmen, andererseits schmalere Stücke, die den Boden der Plattformen gebildet haben dürften. In diesem Gewirr an Hölzern finden wir auch immer wieder Teile, die eindeutig Stiegenkonstruktionen zuzuordnen sind, welche die Plattformen miteinander verbanden. Die ineinander verkeilten Hölzer des Schachtversturzes wurden vor Jahren durch einen der Forschungsstollen von unten angeschnitten. Das heißt, wir konnten nun jahrelang einen Holzhaufen von 14 Metern Durchmesser nur von unten betrachten.

Mit den Zeichnungen des 1880 angefahrenen, ebenfalls bereits in der Bronzezeit genutzten Appoldwerks im Hinterkopf, wurde der riesige Holzhaufen im Christian-von-Tusch-Werk auch als zusammengebrochener Zentralschacht interpretiert. Erst seit einigen Jahren wird – durch einen höher angelegten Vortrieb – dem Holzhaufen auch von oben zu Leibe gerückt, um sowohl die ursprüngliche Konstruktion der Schachteinbauten als auch den Verschüttungsvorgang an sich besser verstehen zu können.

Aus der Maulwurfsperspektive

Leider ist es aus statischen Gründen nicht möglich, allzu große Bereiche im Berg offenzulegen, weshalb wir uns mit der Maulwurfsperspektive begnügen und meist nur schmale Forschungsstollen anlegen. So wird in jeder Grabungskampagne ein in Relation zu den eigentlichen Ausmaßen kleiner Teil des Befundes freigelegt. Doch jede noch so kleine, neue Information kann unser Gedankenmodell ins Wanken bringen.

Das ist gerade passiert. Die Verbindung des oberen mit dem unteren Vortriebsstollen unter dem Schacht ist gelungen, praktisch mitten durch den Holzhaufen. Die Überraschung dabei: Es handelt sich nicht um eine gewaltige Auftürmung, sondern nur um zwei oder drei dünne Lagen verstürzter Hölzer.

Zurück ans Zeichenbrett

Wie immer, wenn eine Theorie widerlegt wird, tun sich sofort zig neue auf. So könnte der Verbindungsschacht zum Beispiel wesentlich niedriger sein als bisher angenommen. Dafür wären deutlich weniger Plattformen und Stiegen im Schacht notwendig. Es hieße aber auch, dass der Abstand zwischen den Abbaukammern viel geringer ist als gedacht. Zumindest diese Annahme lässt sich aber vielleicht sogar noch in dieser Grabungskampagne bestätigen oder widerlegen. Durch geoelektrische Messungen soll versucht werden, den Berg ein Stück zu durchleuchten. Hoffentlich gelingt es dabei, einige neue Befunde sichtbar zu machen. Doch davon nächste Woche mehr.

Wir kehren jetzt, zumindest metaphorisch, zurück ans Zeichenbrett. Die neue Befundsituation will durchgedacht und das Modell weiterentwickelt werden. Dann geht’s wieder ab in den Berg, um unsere Theorien zu verifizieren oder wieder über den Haufen zu werfen. Glück auf! (Fiona Poppenwimmer, Hans Reschreiter, 8.9.2016)