Linz – Der große Veranstaltungssaal der Raiffeisen Landesbank war bis auf den letzten Platz gefüllt. Die lokalen Größen aus Wirtschaft und Politik traten an diesem Abend geschlossen an, um mit einem prominenten Gast den Blick in die automobile Zukunft zu wagen. Volkswagen-Chef Matthias Müller legte am Dienstag einen abendlichen Zwischenstopp in der Stahlstadt ein. Selbst der Moderator des Abends konnte die Freude über den Besuch aus Wolfsburg nicht verbergen: "Ein außergewöhnlicher Gast – ein richtiger Benzinbruder. Ein Mann, der Benzin in den Adern hat."
"Moralische Grenzen" überschritten
Damit lag die Latte schon entsprechend hoch. Wer so angekündigt wird, ist fast gezwungen, in seinem Vortrag dann richtig Gas zu geben. Matthias Müller entschied sich aber wohlweislich für eine sehr kontrollierte "Fahrt". Und der VW-CEO stellte gleich zu Beginn einmal klar, dass Unangenehmes aus der jüngsten Firmengeschichte wohl nicht die Kern des Vortrags werden würde: "Ich will heute über die Zukunft reden, gerade weil dieser Tage unsere jüngere Vergangenheit so im Fokus steht."
Doch dass es nicht ganz ohne Kommentierung des Abgasskandals gehen würde, war Müller wohl klar: "Wir müssen jetzt das Geschehene restlos aufklären und aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Das sind wir unseren Kunden schuldig. " Es seien "moralische Grenzen" überschritten worden. Der VW-Chef, bat auch um Geduld. Denn die internen Ermittlungen bräuchten ihre Zeit. Über allem sieht Müller aber die Chance in der Krise: "So bitter und teuer das alles ist, die Krise hat auch Türen geöffnet."
Verändert in die Zukunft
Wohl meint der VW-Chef damit seinen Radikalschwenk im Unternehmen nach der starren Ära von Martin Winterkorn. Der neue Konzernchef will das Unternehmen komplett umbauen. Die Grundlage dafür ist das Konzept "Together – Strategie 2025". Und das Ziel ist klar: "VW befindet sich im größten Veränderungsprozess der Firmengeschichte – vom Hersteller großartiger Fahrzeuge zum Anbieter nachhaltiger Mobilität."
Auch in Linz skizziert Müller dann das Zukunftsgeschäft von VW: Neue Mobilitätsdienstleistungen, Elektromobilität, Batterietechnik und selbstfahrende Autos sind das Konzernziel. Und Müller scheut sich auch nicht, der Konkurrenz Rosen zu streuen: "Der Erfolg von Elon Musk ist beachtlich – from zero to hero. Ich habe großen Respekt vor solch einer Leistung. Und wir können überhaupt viel von den Unternehmen im Silicon Valley lernen."
Im VW-Konzern will Müller jedenfalls das Tempo deutlich erhöhen: "Wir müssen agiler, schneller werden. Es geht darum, auch einmal Dinge auszuprobieren und nicht nur die Risiken zu sehen." Also doch in der Zukunft mehr Gas geben – ganz wie es sich für einen echten Benzinbruder eben gehört. (Markus Rohrhofer, 7.9.2016)